Flugzeug Operating Leasing

18.3.2012 von admin.

In meinem blog habe ich bisher einen Bereich vernachlässigt, in dem ich selber seit über 10 Jahren professionelle Erfahrung habe, nämlich Flugzeugleasing. Meine eigenen Erfahrungen liegen zwar im Bereich der geschlossenen Fonds, wo der Fonds in der Regel jeweils ein einzelnes oder einige wenige Flugzeug hält, aber es gibt auch börsennotierte Gesellschaften mit wesentlich größeren Portfolien. Da ich mich in diesem Bereich besser auskenne als in den meisten anderen, habe ich mich entschieden erstmal diesen allgemeinen Beitrag zu schreiben, der das grundsätzliche Geschäftsmodell erläutert. In weiteren Beiträgen werde ich mir dann einzelne börsennotierte Gesellschaften anschauen.

 

Nachfrage nach Flugzeugen

Die Nachfrage nach Flugzeugen (wenn ich hier von Flugzeugen schreibe, meine ich kommerzielle Passagier- oder Frachtflugzeuge) wird von der steigenden Nachfrage nach Beförderung getrieben. Seit Jahrzehnten wachsen die weltweiten Passagierkilometer schneller als die Weltwirtschaft und es gab nur sehr wenige kurze Perioden in denen das Passagieraufkommen zurückgegangen ist, so z.B. nach den Anschlägen am 11. September 2001. Boeing war in den vergangenen Jahrzehnten sehr gut darin die künftige Entwicklung und daraus abgeleitet die Anzahl der zusätzlichen Flugzeuge hervorzusagen. Für die Zeit bis 2030 geht Boeing davon aus, dass die Passagierkilometer bei einem Weltwirtschaftswachstum von 3,3% p.a. um über 5% p.a steigen werden. Das Frachtaufkommen wird danach sogar noch etwas mehr wachsen als das Passagieraufkommen. Davon abgeleitet geht Boeing davon aus, dass sich die Anzahl der Flugzeuge bis 2030 weltweit von derzeit knapp 20.000 ungefähr verdoppeln wird. Das Wachstum wird wahrscheinlich in erster Linie in Asien und zum Teil auch in Südamerika stattfinden. Das heißt aber nicht, dass in Nordamerika und Europa keine Flugzeuge nachgefragt werden, denn bis 2030 werden wahrscheinlich ca. 70% der aktuellen Flotte aus Altersgründen ersetzt. Das sind eine Menge Flugzeuge, für die etwa 200 Mrd. Dollar investiert werden müssen, pro Jahr!

 

Flugzeugfinanzierung

Die Fluggesellschaften haben verkürzt gesagt 3 Möglichkeiten diese Flugzeuge zu finanzieren:

  1. Flugzeug kaufen mit Eigen- und Fremdkapital (Bankdarlehen, Anleihen am Kapitalmarkt oder Credit Agency (wie Hermes) gesicherte Darlehen)
  2. Finance Lease
  3. Operating Lease

Der klassische Weg ein Flugzeug zu beschaffen ist es selber zu kaufen und auf die Bilanz zu nehmen. Das hat offensichtliche Vorteile bei der Kontrolle über das Flugzeug und je nach Bonität und Flugzeug auch bei den Finanzierungskosten, aber andererseits gibt die Fluggesellschaft Flexibilität auf und verschlechtert durch die in der Regel genutzte Fremdfinanzierung die Bilanzkennzahlen. Letzteres wird künftig wohl weniger eine Rolle spielen, denn die auch Leasingverbindlichkeiten müssen in Zukunft immer deutlicher in Jahresabschlüssen ausgewiesen werden.

Einen Finance Lease kan man wirtschaftlich fast immer wie einen Ratenkaufvertrag betrachten, auch wenn er bilanziell/steuerlich nicht immer so behandelt wird. Das Flugzeug wird für einen sehr langen Zeitraum (10+ Jahre) gemietet und geht am Ende in der Regel durch eine Abschlusszahlung ins Eigentum der Fluggesellschaft über. Diese Möglichkeit wird häufig dann genutzt, wenn der Leasinggeber das Flugzeug steuerlich günstiger abschreiben kann als die Fluggesellschaft. Dies ermöglich dem dann bessere Finanzierungskonditionen anzubieten als dies mit einer klassischen Finanzierung möglich wäre. Die Fluggesellschaft ist allerdings bei einem Finance Lease mindestens genauso unflexibel wie bei einem Kauf, selbst wenn das Flugzeug nicht in der Bilanz auftaucht.

Der Operating Lease entspricht der klassischen Miete. Die Standard Laufzeit in diesem Bereich ist 5 Jahre. Es gibt aber auch Verträge über wenige Monate oder über 10 Jahre, z.B. wenn das Flugzeug sehr speziell ist. Bestes Beispiel sind die in Deutschland aktuell angebotenen Airbus A380 Fonds. Ein Operating Lease bietet der Fluggesellschaft in der Regel nicht die günstigste Finanzierung, aber dafür die größte Flexibilität in der Flottenplanung. Ein gekauftes Flugzeug kann zwar im Rahmen der Flottenplanung auch wieder verkauft werden, aber die Fluggesellschaft trägt hier das Restwertrisiko und das ist eigentlich nicht ihr Kerngeschäft. Außerdem wollen Fluggesellschaften ihre Flotte häufig in zyklischen Abschwüngen anpassen. Operativ macht das Sinn, aber zur Maximierung des Werts der Flotte ist das der denkbar schlechteste Zeitpunkt.

Die meisten großen Fluggesellschaften nutzen eine Mischung aus allen 3 Möglichkeiten. Viele kleine Fluggesellschaften leasen ihre Flotte vollständig, weil sie gar nicht die Kapitalausstattung haben, um ein Flugzeug auf die Bilanz zu nehmen. Die bilanzielle Schwäche vieler Fluggesellschaften bringt mich nahtlos auf den Punkt, dass Fluggesellschaften kommen und gehen. Die Luftfahrt ist eine sehr wettbewerbsintensive Branche. Viele Fluggesellschaften werden aus Prestigegründen oder von Staaten zur Sicherung der Infrastruktur gegründet oder am Leben gehalten. Da es relativ geringe Eintrittsbarierren gibt, setzt keine wirkliche Konsolidierung ein. Allerdings gehen immer wieder Fluggesellschaften pleite oder verschmelzen mit anderen. Kumuliert über alle Fluggesellschaften schwankt die Profitabilität seit vielen Jahren um die Nulllinie. Dazu passend, muss ich an dieser Stelle einfach einen meiner Lieblingswitze loswerden:

Was muss man tun um Millionär zu werden?

Als Milliardär eine Flugesellschaft gründen ;-)

Deshalb würde ich Fluggesellschaften nie zu meinem Fokus machen, auch wenn es wenige solide Ausnahmen wie Lufthansa gibt. Dennoch sind Flugzeuge sehr interessante Investitionsobjekte. Die grundsätzliche Nachfrage nach Beförderung wächst und wird zum steigenden Teil mit den Flugzeugen der Operating Leasinggesellschaften befriedigt. Die Bonität der Airline die das Flugzeug nutzt ist zwar nicht unwichtig, aber die Qualität des Flugzeugs ist wichtiger. Mit dem richtigen Flugzeug wird man schnell einen neuen Leasingnehmer finden und weiter Geld verdienen.

Flugzeughersteller und -typen

Mit Airbus und Boeing gibtz es nur zwei wesentliche Hersteller für kommerzielle Flugzeuge. Im Segment der Regionaljets kommen noch Embraer aus Brasilien und Bombardier aus Canada hinzu. Mehr Hersteller würden zwar mehr Konkurrenz und damit wahrscheinlich günstigere Preise bedeuten, aber entscheident für einen Operating Lessor ist, dass es eine ausreichend große Anzahl von Fluggesellschaften gibt, die den Typ den man zu vermieten hat, betreibt. Fluggesellschaften nehmen nicht leichten Herzens einen neuen Typ in die Flotte auf, da damit erheblicher Aufwand für Schulungen, Ersatzteilvorhaltung etc. verbunden ist. Besonders groß ist sowohl die Anzahl der Flugzeuge als auch die Anzahl der Betreiber für die beiden Arbeitspferde der Luftfahrt, die Airbus A320 Familie und die Boeing 737 Familie. Diese sogenannten narrowbodies (ein Gang in der Mitte) haben etwa 100 bis 200 Sitze und werden auf Kurz- und Mittelstrecken eingesetzt. Die größeren Langstreckenflugzeuge werden widebodies genannt und zeichnen sich durch zwei Gänge aus. Widebodies sind als Investment schwieriger, aber deshalb wenn man es richtig macht auch lukrativer. Schwieriger sind sie deshalb, weil es mehr unterschiedliche Varianten gibt, was die ohnehin schon kleinere Betreiberbasis noch weiter verkleinert. Die Kabinenunterschiede zwischen den Airlines und die entsprechenden Umbaukosten bei einem Wechsel sind wesentlich höher und können in die Millionen gehen. Zudem sind die Anschaffungskosten eines widebodies wesentlich höher, so dass sie schnell zu Klumpenrisiken führen. Aus diesen Gründen gibt weniger, in der Regel große, Leasinggesellschaften, die überhaupt so große Flugzeuge im Portfolio haben und durch den geringeren Konkurrenzdruck können sie bessere Konditionen durchsetzen.

Konkurrenzumfeld Flugzeugleasing

Die mit Abstand größten Flugzeugleasinggesellschaften sind Gecas (GE Capital) und ILFC (AIG Versicherungskonzern) mit jeweils über 1.000 Flugzeugen im Portfolio. Danach gibt es mehrere Gesellschaften mit einigen Hundert Flugzeugen im Portfolio unter anderem Aercap und Aircastle. Beides Gesellschaften, die an der Börse notiert sind und die ich mir später in eigenen Beiträgen noch genauer anschauen möchte. GECAS und ILFC gehören zu den größten Kunden von Airbus und Boeing. Entsprechend können sie Flugzeuge direkt beim Hersteller zu besten Konditionen bestellen und vermieten dann die Flugzeuge, die sie selber spekulativ im Voraus bestellt haben. Umso kleiner eine Leasinggesellschaft ist, um so mehr wird sie darauf bauen, Flugzeuge oder Bestellpositionen von einer Fluggesellschaft zu erwerben, um das Flugzeug dann an die selbe Fluggesellschaft zurückzuvermieten Abseits des mainstreams relativ neuer narrowbodies bieten ältere Flugzeuge und Frachter Nischen mit höheren Risiken, aber gleichzeitig auch höheren Margen. Neue widebodies sind ebenfalls eine Nische, in der sich momentan viele Anbieter deutscher geschlossener Fonds tummeln.
Wirtschaftlichkeit von Flugzeug Operating Leasing

Auf Basis historischer Erfahrungen kann man sagen, dass narrowbodies eine wirtschaftliches Leben von etwa 25 Jahren haben bevor sie verschrottet werden. Widebodies fliegen in der Regel einige Jahre mehr und Frachter teilweise auch weit über 30 Jahre. In dieser Zeit müssen sie über die Leasingraten für die Rentabilität der Leasinggesellschaft sorgen. Bei einem relativ neuen Flugzeug beträgt die monatliche Leasingrate in der Regel in der Regel zwischen 0,8% und 1,2% des Flugzeugwerts pro Monat. Die Leasingrate hängt natürlich von einer Reihe von Faktoren ab, z.B. der Bonität des Leasingnehmers, der Attraktivität und Verbreitung des Flugzeugtyps, die aktuelle Marktlage, das Zinsniveau usw. Auch das Alter des Flugzeugs spielt eine Rolle, um so älter das Flugzeug umso höher ist der Leasingratenfaktor bezogen auf den verbleibenden Wert des Flugzeugs. Die oben genannten Leasingraten führen vor Kosten und vor Fremdfinanzierung aber nach kalkulatorischer Abschreibung von 4% zu einer jährlichen Rendite von rund 5% bis 10%. Durch eine Fremdfinanzierung können diese ohne Probleme auf 15% und mehr für das eingesetzte Eigenkapital erhöht werden.

 

Zusätzliches Potential für Rendite steckt noch darin, dass auch Flugzeugwerte schwanken. Die Krise nach den Anschlägen vom 11. September 2001 war beispielsweise ein idealer Zeitpunkt Flugzeuge zu kaufen. Andererseits gibt es auch euphorische Marktphasen wie sie z.B. durch Finanzinnovationen wie asset backed securities ausgelöst wurden. Solche Phasen unvernünftig hoher Preise sollten genutzt werden, um möglichst viele Flugzeuge zu verkaufen. Größere Leasinggesellschaften haben in der Vergangenheit in solchen Phasen regelmäßig die Chance genutzt und Flugzeuge an Finanzinvestoren verkauft und für die weitere Betreuung der Flugzeuge weiter Gebühren erhalten.

Für Flugzeuge gibt es einen weitgehend einheitlichen weltweiten Markt und auf diesem Markt werden fast ausschließlich USD gezahlt. In meiner Firma hatten wir schon den Fall, dass eine deutsche Fluggesellschaft an einen deutschen Eigentümer Leasingraten in USD gezahlt hat. Dennoch nehmen natürlich europäische und asiatische Fluggesellschaften überwiegend keine USD ein und wenn der USD gegen diese Währungen schwach ist, können diese sich erlauben höhere USD Leasingraten zu zahlen, was wiederum dazu führt, dass Investoren, die in diesen Ländern vermieten höhere USD Preise für die Flugzeuge zahlen können. Ein schwacher USD müsste also im Durchschnitt teilweise durch höhere Preise kompensiert werden. Statistisch belegen kann ich das allerdings nicht. Höhere Preise ist natürlich außerdem bei einem asset das sich verbraucht relativ. Eigentlich würde es besser heißen, weniger gesunkener Wert.

Eine ähnliche teilweise Kompensation gilt bezüglich der Inflation, da nie nominalen Werte der Flugzeuge in Zeiten höherer Inflation nicht so stark fallen, wie ihre ökonomische Lebensdauer eigentlich erwarten lassen würde.

FAZIT: Flugzeuge nicht aber Fluggesellschaften sind in meinen Augen ein sehr interessantes Investment. Das denke ich schon lange, aber gerade in heutigen Zeiten verfügen sie über einige sehr interessanter Eigenschaften:

  • sie sind Sachwerte und haben dadurch begrenztes Abwärtspotential
  • sie sind extrem mobil und sind deshalb unabhängiger von Krisen in bestimmten Regionen als z..B. eine Immobilie
  • sie bieten zumindest einen teilweisen Inflationsschutz
  • sie ermöglichen zum richtigen Preis gekauft erstaunlich hohe Renditen.

Soweit zur Grundidee des Flugzeugleasings. Demnächst werde ich versuchen zu ermitteln, ob man mit Aktien von Aircastle und Aercap derzeit Flugzeuge indirekt zum „richtigen“ Preis kaufen kann oder ob schon zu viele Investoren zu der gleichen Meinung wie ich gelangt sind.

3 Gedanken zu „Flugzeug Operating Leasing

  1. Pingback: Schiffsmarkt – für mich wird es jetzt interessant | Value Shares

  2. Cipriano Kritzinger

    Das ist eine kompakte und verständliche Zusammenfassung. Ich hatte einen Flugzeugfond, empfehlen kann ich einen Flugzeugfond trotzdem nicht. Es ist lediglich eine Steuerstundung mit einem erheblichem Risiko, Gewinn macht nur die Bank die die Anteilsfinanziert macht und die Leasinggesellschaft. Der Anleger wird letztendlich auch noch als Steuersparer hingestellt, eine weitverbreitete völlig falsche Auffassung.

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    1. Value Mario Beitragsautor

      Ganz so pauschal würde ich es nicht formulieren, aber auch und gerade auch bei geschlossenen Fonds muss man sich genau anschauen, in was man da investiert. Damit meine ich nicht nur das Assett sondern auch das vertragliche drum herum bis ins Detail.

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