Schiffsmarkt – Danish Ship Finance Marktbericht

Danish Ship Finance hat mal wieder den halbjährlichen Shipping Market Review veröffentlicht. Aus meiner Sicht ist das für jeden Privatanleger, der sich für die Schifffahrt interessiert eine Pflichtlektüre. Für alle, die die über 100 englischen Seiten nicht lesen können oder wollen, habe ich beim Lesen ein paar Notizen gemacht.

Trend

Unabhängig von der aktuellen Angebots- und Nachfrage Situation stellt die Studie für die Schifffahrt ziemlich pessimistische mittel- bis langfristige Thesen auf:

  1. Neue Technologien wie verbesserte Roboter, künstliche Intelligenz und 3D Druck führen dazu, dass die Produktion allgemein wieder näher an die Absatzmärkte rückt. Das könnte bedeuten, dass zwischen Asien und Europa/Nordamerika nicht immer mehr Container sondern vielleicht bald sogar wieder weniger Waren insbesondere per Container transportiert werden. Wenn es keine verlängerte Werkbank mehr braucht, könnte China auch das letzte Land gewesen sein, das über billige Arbeitskräfte den Einstieg in eine signifikante wirtschaftliche Entwicklung schafft.
  2. Die chinesische Wirtschaft beginnt serviceorientierter zu werden und die dortige Bevölkerung beginnt zu altern. Beides Faktoren, die dazu führen können, dass das Wirtschaftswachstum und der Rohstoffhunger des Landes nachlässt. Wenn man berücksichtigt, dass China in den letzten ein oder zwei Jahrzehnten in fast allen Schifffahrtssegmenten entscheident zum Wachstum beigetragen hat, sind das keine guten Aussichten für weiteres Wachstum. Vorallem wenn man die These 1) ernst nimmt, dass vielleicht keine anderen Ländern auf vergleichbare Art nachkommen werden.
  3. Die Klimaschutz Bemühungen führen sukzessive zu einem verminderten Einsatz von Kohle, Öl und Gas. Das führt natürlich auch dazu, dass weniger davon transportiert wird. Die transportierten Kohle Mengen sind letztes Jahr schon gefallen und für einen relativ neuen Bulker, der typischerweise Kohle transportiert, könnte das am Ende die wirtschaftliche Lebensdauer verkürzen.

Von 2000 bis 2008 sind jährlich 4,4% mehr Waren per Schiff transportiert worden, von 2008 bis 2015 waren es jährlich noch 2,5%. Das Research Unternehmen IHS erwartet von 2015 bis 2030 ein jährliches Wachstum von 2,9%. Der Trend zur Globalisierung mit immer mehr Seetransport soll also ungebrochen sein. Danish Ship Finance ist da anderer Meinung und erwartet nur noch ein unterproportionales Wachstum von rund 1% jährlich.

Container

Die Frachtraten für Container von China sind von Anfang 2015 bis März 2016 um 40% gefallen.

Die Charterraten für Panamax Schiffe lagen im März nur noch knapp über dem bisher schlechtesten Niveau, das im Jahr 2009 erreicht wurde und damit inzwischen außerdem leicht unter den operativen Kosten. Die leichte Erholung der Raten 2015 hat sich damit wieder in Luft aufgelöst.

Trotz der veheerenden Lage wuchs die Container Flotte im Jahr 2015 um 8%, während die Nachfrage nur um 1% wuchs. 94% der Auslieferungen waren große Post-Panamax Schiffe und 27% waren sogar Schiffe mit mehr als 16.000 TEU. Die Reeder versuchen die Kosten pro Container zu senken, um mit den niedrigen Frachtraten leben zu können, gleichzeitig machen sie aber kollektiv die Lage nur noch schlimmer. Das klassische Gefangenendilemma. Inzwischen ist der unbeschäftigte Teil der Flotte schon auf 8% gestiegen, selbst wenn die Neuauslieferungen aufhören würden, wäre eine Erholung also noch weit entfernt. Immerhin gab es im Jahr 2016 tatsächlich noch keine neuen Bestellungen.

Kleinere Schiffe scheinen die besten Aussichten zu haben, zum einen gibt es für sie wenig Bestellungen und zum anderen wären sie auch nicht so betroffen, wenn wirklich wieder mehr regional produziert wird. Nach dem viel diskutierten Kaskadeneffekt könnten die Panamax Schiffe allerdings den kleineren Schiffen im regionalen Transport Konkurrenz machen. Danish Ship Finance geht allerdings eher von aus, dass auf dem Panamax Segment der größte Druck herrschen wird.

Bulker

Der Baltic Dry Index hat im Februar 2016 mit 290 ein neues Rekordtief markiert. Wie dramatisch das neue Tief ist zeigt der Vergleich mit dem Durchschnitt seit 2009 der bei 2.590 liegt. Darin sind die die Boomzeiten nicht mal beinhaltet, in denen der Capesize Index teilweise weit über 12.000 lag. Seit dem Tief hat sich der Index wieder etwas erholt und lag im April bei über 700. Wie bei den Containerschiffen hat das im Februar dazu geführt, dass auch die Charterraten neue Tiefs unter den operativen Kosten markiert haben.

Schiffseigner haben 2015 darauf reagiert und 15% aller offenen Bestellungen annuliert. Außerdem wurden viele 2015’er Auslieferungstermine verschoben, so dass nur 56% der für 2015 vorgesehenen Schiffe auch 2015 ausgeliefert wurden. Trotzdem ist die Flotte selbst unter Berücksichtigung der rekordhohen Verschrottungen um 2,4% gewachsen. Entgegen der Entwicklungen im Container Segment waren es hier vorallem die kleinen Schiffe, die zum Wachstum beigetragen haben. Die Handymax Flotte wuchs um 8%, die der Capesize Flotte hingegen nur um 0,4%.

Selbst das niedrigste Flottenwachstum seit dem Jahr 2000 hat nicht dazu beigetragen die Situation zu verbessern, denn die Nachfrage stagnierte auf dem Niveau von 2014. Der Transport von Kohle ist sogar um 3% zurückgegangen und es stellt sich in der Tat die Frage, ob das nicht strukturell bedingt ist, weil immer mehr Länder aus Klimaschutzgründen versuchen weniger Kohle zu verwenden. Indien versucht außerdem intensiv die Kohlenachfrage aus einheimischer Produktion zu decken. Letztes Jahr haben die steigenden indischen Importe die sinkenden chinesischen teilweise kompensiert. Es sieht aber aktuell nicht so aus, dass das so bleiben wird. Die Nachfrage nach Eisenerz ist immerhin um 3% gestiegen, bedenklich stimmt mich aber, dass China für 70% aller Eisenerzimporte steht.

Schiffswerte (und auch Aktienkurse) haben darauf natürlich reagiert. Die durchschnittlichen Gebrauchwerte sind von Januar 2015 bis April 2016 um 39% gefallen. Ein kleines Licht am Ende des Tunnels signalisiert aber, dass der Wert eines auslieferungsbereiten Schiffes ab Werft inzwischen niedriger ist als ein neu bestelltes, noch zu bauendes Schiff. In den letzten Jahren wurden die vielen Bestellungen auch dadurch angefeuert, dass es günstiger war neue Schiffe zu bestellen, als vorhandene zu kaufen. Eine extreme Zurückhaltung bei den Bestellungen wird aber trotzdem lange brauchen, um den Markt zu stabilisieren. Eine große Zurückhaltung bei den Bestellungen hat es dieses Jahr bisher tatsächlich gegeben, allerdings mit der Ausnahme einer Bestellung von 20 sogenannten Valemax Bulkern mit jeweils an die 400.000 dwt. Diese Schiffe sind etwa doppelt so groß wie Capesize Bulker, die ansonsten größten Massengutfrachter. Wie der Name schon sagt, werden die Schiffe von Vale eingesetzt, um Eisenerz von Brasilien nach China zu transportieren. Aus Sicht des Unternehmens ist das rational, um den Transportkosten Nachteil gegenüber der australischen Konkurrenz zu minimieren, aber für die Schifffahrt insbesondere für das Capesize Segment ist das natürlich nicht so gut.

Aufgrund der vielen negativen Faktoren erwartet Danish Shipfinance weiteren Druck auf die Schiffswerte. Es drückt nicht nur die kürzere realistische Lebensdauer der Schiffe, sondern auch die niedrigeren zu erwartenden Charterraten. In dem Bericht wird der Wert eines 5 Jahre alten Capesize Schiffes mit USD 23,75 Mio. angegeben. Das derzeitige durchschnittliche Verschrottungsalter ist 21 Jahre. Um in dieser Zeit nach laufenden Kosten einen break even zu erreichen, wird laut Danish Ship Finance eine durchschnittliche Charterrate von USD 15.200 benötigt, während die heutige Rate in der Nähe von USD 6.600 liegt. Der Median seit 2011 lag bei USD 13.900 und wenn man diese Rate bei der Bewertung eines Schiffs für die restliche Lebenszeit ansetzt sinkt der Wert noch mal um 15% und selbst das ist ja nicht zwangsläufig der Boden.

Tanker

Im Tanker Segment lief es bedeutent besser als in den beiden vorherigen Segmenten. Im Dezember 2015 haben die 1-Jahres Charterraten das höchste Niveau seit dem Beginn der Finanzkrise erreicht. Seit dem sind die Raten für VLCCs allerdings schon wieder um 25% zurückgegangen. Im Vergleich zu 2013 und 2014 sind die Raten allerdings immer noch hoch. Dabei haben sich Angebot und Nachfrage gar nicht so fundamental verändert. Allerdings wuchs die Flotte nur um 2% während die Nachfrage um 3% anstieg. Hier ist also mal ein Segment, in dem sich Angebot und Nachfrage tatsächlich angenähert haben. Danish Ship Finance argumentiert allerdings, dass die Nachfrage durch temporäre Effekte gestützt wurde, so haben viele Raffininerien auf die gesunkenen Ölpreise und gestiegenen Margen mit einer erhöhten Produktion reagiert. Außerdem sind weltweit neue Raffinieren in Betrieb gegangen und haben so für einmalige zusätzliche Nachfrage gesorgt. Die schwimmende Lagerung von Öl zu Arbitrage Zwecken kam auch noch hinzu.

In den kommenden beiden Jahren sieht es leider so aus, als ob sich die Lage wieder verschlechtern wird, denn die bestehenden Bestellungen deuten darauf hin, dass die Flotte jeweils um 5% wachsen wird. Wesentlich mehr Verschrottungen wird es wohl eher nicht geben, denn nur 3% der Flotte ist älter als 20 Jahre. Bei der Nachfrage werden die Sonderfaktoren wohl auslaufen, so dass das Wachstum eher wieder bei 2% liegen wird. Danish Shipfinance erwartet deshalb, dass der Wert eines 5-Jahre alten VLCC von USD 76 Mio. innerhalb der 12-18 Monate auf USD 60 bis 65 Mio. zurückgehen wird.

Produktentanker

Die Timecharter Raten für Produktentanker haben sich 2015 ebenfalls gut entwickelt. Nach dem sie sich 2015 verdoppelt haben, sind sie im ersten Quartal 2016 allerdings schon wieder um 20% gefallen. Betroffen waren vorallem die großen LR1 und LR2 Tanker mit mehr als 25%. Die kleineren MR Tanker verzeichneten hingegen nur einen Rückgang von weniger als 10% allerdings waren sie vorher auch weniger stark gestiegen.

FAZIT

Als ich den Bericht gelesen habe, wurde ich vom Pessimismus ziemlich angesteckt. Nach dem ich eine Nacht drüber geschlafen haben, schwanke ich wieder zwischen:

  • man muss kaufen wenn die Nacht am dunkelsten ist und
  • man muss einsehen wenn ein Zyklus kein Zyklus sondern ein Bruch in der Entwicklung ist.

 

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