Aercap – Gewinnmitnahme nach 10 Jahren

aktueller Kurs: 95 USD

Das Flugzeugleasing Unternehmen Aercap ist eine meiner liebsten, längsten und bisher mit Abstand die größte Position in meinem Portfolio. Aus 3 Gründen, die ich gleich schildern werde, habe ich mich heute entschieden, dass erste mal seit 10 Jahren Gewinne mitzunehmen und damit meinen ursprünglichen Einstand aus dem Risiko zu nehmen.

1) Dividendenbesteuerung

Historisch hat Aercap nie Dividenden gezahlt. Die vorhandene Liquidität wurde entweder für die beeindruckende Expansion oder für Aktienrückkäufe unterhalb des Buchwerts verwendet. Wie der Kurs zeigt, war das eine sehr erfolgreiche Herangehensweise (in dem Corona Tal habe ich zum Glück auch noch mal gekauft):

Erst dieses Jahr hat Aercap begonnen eine Dividende zu zahlen. Noch ist sie mit einer Dividendenrendite von rund 1% sehr gering. Mir erscheint das sowohl vom Grundsatz als auch von der Höhe mal wieder eine sehr gute Entscheidung durch das Management zu sein. Das Unternehmen öffnet sich dadurch für Aktionäre die auf laufende Dividenden Wert legen und die niedrige Höhe erlaubt den Einstieg in eine lange Reihe von jährlich steigenden Dividenden, was dann in ein paar Jahren als Argument für die Attraktivität der Aktie herangezogen werden kann.

Für deutsche Privatanleger hat das Ganze leider mal wieder einen Haken. Da sich aufgrund der Konzernstruktur Irland und die Niederlande nicht einig sind, wer zum Abzug von Quellensteuern berechtigt ist, tun sie es einfach beide. Dadurch wird die Dividende mit 40% Quellensteuer belastet und für den deutschen Fiskus werden davon nur 15% angerechnet. Deutsche Steuer zahlt man also auch noch, so dass sich eine Gesamtsteuer von rund 60% ergibt. Darauf angesprochen, teilte mir ein Investor Relations Manager von Aercap mit, dass meine Bank nur fristgerecht melden müsste, dass ich in Deutschland sitze. Das sehen meine beiden Banken, die ich dazu befragt habe anders. Vorab scheint es gar keine Möglichkeit zu geben die 3-fach Besteuerung zu vermeiden und eine nachträgliche Erstattung ist entweder auch nicht möglich oder prohibitiv teuer.

Noch sind die Dividenden so gering, dass sich der Schaden in Grenzen hält, aber meine Sympathie für die Aktie ist dadurch definitiv gesunken. Spontan hatte ich deshalb sogar im September schon mal überlegt einen großen Teil der Aktien zu verkaufen. Da die Dividende noch so niedrig ist, habe ich mich dann aber doch entschieden erst mal abzuwarten.

2) Kurs über Buchwert

In all den Jahren, in denen ich Aercap und anderen Flugzeug Leasinggesellschaften jetzt schon folge, notierten die Börsenkurse fast immer mehr oder weniger deutlich unter dem Buchwert. Ich habe das nie verstanden, weil gerade gerade Aercap in jedem Quartal wieder berichtet, dass ältere Flugzeuge mit teils sehr hohen Margen auf den Buchwert verkauft wurden.

Aktuell ist eine der wenigen Phasen in denen der Kurs mit 95 USD über dem berichteten Buchwert von 90 USD liegt. Nach meinem einfachen Bewertungsschema, bei dem ich bestimmte Bilanzpositionen wie z.B. aktivierte Fremdkapitalkosten nicht als werthaltig berücksichtige komme ich sogar nur auf 72 USD.

Mein Niveau war aber immer das zu dem ich gerne kaufen möchte und nicht das, das für einen Verkauf Sinn macht. Auch die Notierung leicht über dem Buchwert ist im Grunde in meinen Augen vollkommen gerechtfertigt, da Aercap ja quartalsweise unter Beweis stellt, dass es in dem Wert der Flotte stille Reserven gibt. Daneben gibt es auch noch unberücksichtigte stille Reserven aus Forderungen gegenüber Versicherungen aus dem Verlust von Flugzeugen in Russland.

Trotzdem ist eine Notierung über dem Buchwert für mich ein Zeichen, dass die Börse relativ gesehen ungewöhnlich positiv gestimmt ist gegenüber Aercap.

3) Marktlage für Flugzeuge

Wer die Flugzeugindustrie ein wenig verfolgt, weiß, dass sowohl Airbus und noch viel mehr Boeing Lieferketten und Qualitätsprobleme haben, die dazu führen, dass seit den Corona Jahren weniger Flugzeuge ausgeliefert werden als zuvor. Das ändert sich zwar teilweise langsam wieder, aber von den vor Corona mal für 2024 geplanten Produktionszahlen sind beide recht weit entfernt. Boeing deutlich mehr als Airbus. Gleichzeitig hat sich die Nachfrage vehement wieder erholt, was dazu geführt hat, dass die Nachfrage nach den vorhanden neuen und auch gebrauchten Flugzeugen nach dem Corona Tief wieder sehr stark gestiegen ist.

Ich habe heute ein Webinar gehört, aus dem ich leider nicht zitieren kann, da es nicht öffentlich war. Mir ist darin aber wieder deutlich geworden, dass sich die Lage früher oder später auch wieder normalisieren wird. Das kann sicherlich noch ein paar Jahre dauern, aber an der Börse wird die Zukunft gehandelt und wenn die Lieferengpässe sukzessive beendet werden, sinken vielleicht auch die derzeit so hervorragenden Margen beim Verkauf von gebrauchten Flugzeugen. Das könnte der Katalysator sein, der den Kurs wieder wie historisch üblich unter den Buchwert drückt.

FAZIT

Ich bleibe für Aercap fundamental positiv eingestellt:

– das Management ist nach wie vor hervorragend

– die Bewertung ist noch immer nicht sehr hoch sondern eigentlich nur endlich mal realistisch und nicht unverständlich niedrig

– der für Leasing sehr positive Markt kann noch einige Jahre weitergehen

Andererseits stört mich die absurde Besteuerung, der aktuell noch niedrigen Dividende und mit der positiveren Börsenbewertung steigt aus meiner Sicht auch das Risiko von Rückschlägen. Sollte Aercap unter diesen Umständen 1,5 mal so viel Gewicht in meinem Portfolio haben wie meine beiden nächst großen Positionen Microsoft und Torm? Ich denke mittlerweile nein und habe 30% meiner Aercap Aktien verkauft, so dass die Positionsgröße jetzt wieder in der selben Größenordnung ist wie meine anderen größeren Positionen. Gleichzeitig habe ich damit auch meinen ursprünglichen Einsatz und eine kleine Rendite realisiert.

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