Eigenkapitalforum 2022 – mein Fokus Immobilien

Nach zwei virtuellen Corona Jahren fand das Eigenkapitalforum der Deutsche Börse dieses Jahr endlich auch wieder physisch statt. In den letzten zwei Jahren habe ich auf das Eigenkapitalforum verzichtet, weil mich die Online Option nicht überzeugt hat. Interessanterweise hat sich das dieses Jahr geändert, denn ich war nur am ersten Tag vor Ort. Am zweiten und dritten Tag gab es jeweils weniger Unternehmen, die mich interessiert haben und deren Vorträge waren teilweise auch noch gleichzeitig. So war es mir die Mühe nicht Wert extra nach Frankfurt zu fahren. Stattdessen habe ich mal die Möglichkeit ausprobiert den Vorträgen von zu Hause zu folgen und war positiv überrascht. Noch besser ist eigentlich die dritte Option die Vorträge on demand auch noch später anschauen zu können. Dann muss ich meine Pläne nicht nach dem Zeitplan und richten und kann sogar gelegentliche „Längen“ in einzelnen Vorträgen vorspulen. Leider funktionierte das nicht bei allen Unternehmen, so dass ich z.B. UBM Development AG nicht gesehen habe. Ich hoffe die Börse behält in Zukunft diese hybride Form der Veranstaltung bei.

Im folgenden fasse ich, wie vor Corona, meine Gedanken und Meinungen zu den Immobilien Unternehmen zusammen, deren Vorträge ich real oder virtuell gehört habe. Einige Notizen zu Unternehmen außerhalb der Immobilienbranche folgen dann in einem zweiten Artikel

Immobilien

Steigende Zinsen führen über kurz oder lang zu sinkenden Immobilienwerten und eine Steigerung der erwarteten Mietrendite von 3% auf 6% hat einen prozentual viel höheren Einfluss als eine Steigerung von 6% auf 9%. Die Wertminderungen könnten extrem sein, insbesondere da Immobilienunternehmen in der Regel viel bis sehr viel Fremdkapital einsetzen. Mein Schwerpunkt lag in diesem Jahr deshalb besonders auf den Immobilien, weil sich hören wollte, wie die unterschiedlichen Management Teams die Lage einschätzen und welche Vorgehensweise sie planen.

ERWE Immobilien

Das Eigenkapitalforum ist immer wieder dafür gut selbst in Branchen, die man zu kennen glaubt, neue Gesellschaften kennenzulernen. Für mich gehörte dieses Jahr die ERWE Immobilien AG dazu.

ERWE bearbeitet eine interessante Nische, die gerade durch die erneute Insolvenz von Galaria Kaufhof besonders aktuell ist. ERWE revitalisiert nämlich Gewerbe- und besonders Handelsimmobilien in bester Lage in kleinen und mittleren Städten. Dazu können dann z.B. auch aufgegebene Kaufhäuser gehören. Die Strategie besteht üblicherweise darin, die Einzelhandelsflächen auf das attraktive Erdgeschoss zu reduzieren und für die oberen Geschosse andere Nutzungsarten wie z.B. Büro, Arztpraxen oder auch mal Wohnungen zu finden.

Das Konzept leuchtet mir durchaus ein, die Aktie kommt für mich aber aus folgenden Gründen trotzdem nicht in Frage.

Bei einer Marktkapitalisierung von 34 Mio. Euro beträgt der free float nur 14,5%. Das sind nicht mal ganz 5 Mio. Euro. Vor dem Ukraine Krieg war der market cap noch etwa doppelt so hoch, aber selbst bei knapp 10 Mio. Euro free float stellt sich mir die Frage, ob die Kosten dafür für das Unternehmen in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen stehen. Gleichzeitig sind die Börsenumsätze so gering, dass man sogar als Privatanleger Gefahr läuft den Kurs mit einer Order zu bewegen und der aktuelle spread während ich das Schreibe liegt bei fast 5%.

Das alleine würde für mich schon reichen, in diesem Fall kommt aber noch dazu, dass ERWE aktuell ein hohen Loan To Value von über 70% hat und in ziemlich genau einem Jahr eine Anleihe über 40 Mio. Euro zurückzahlen muss. Wie kritisch der Markt die Chancen dafür sieht, zeigt die Rendite von über 30% mit der die Anleihe derzeit notiert.

DEMIRE

Auch bei der DEMIRE ist das Fremdkapital ein beherrschendes Thema. Zwar liegt der LTV bei der DEMIRE bei verträglicheren 51% allerdings wird im Jahr 2024 ein sehr großer Teil der Verbindlichkeiten fällig. Das Management plant deshalb Objekte zu verkaufen und die freigesetzten Eigenmittel dafür zu nutzen die Fremdfinanzierungsquote der verbleibenden Objekte auf möglichst ca. 40% zu senken. Während bei comdirect noch eine erwartete Dividendenrendite von über 7% angezeigt wird, klang im Vortrag an, dass die Dividenden wahrscheinlich ausgesetzt werden bis das Refinanzierungsthema gelöst ist.

Das ist eine Gefahr, die ich mehr oder weniger bei allen Immobilienunternehmen sehe. Kurz- bis mittelfristig würde ich nicht wegen den Dividenden in Immobilienunternehmen investieren.

Ein weiterer allgemeingültiger, dieses Mal positiver Aspekt, kam auch zuerst bei der DEMIRE zur Sprache und zwar die indexierten Mieten im Gewerbebereich. Lange Zeit fanden kaum Indexierungen statt und nicht jeder Vermieter hat sie noch in jedem Mietvertrag vereinbart, aber da wo es sie gibt, führen sie aktuell natürlich zu erheblich steigenden Mieten. Damit können steigende Zinsen mindestens teilweise kompensiert werden und auch die Werte der Immobilien werden unterstützt. Zwar steigt die geforderte Mietrendite aber dafür bezogen auf gestiegene Mieten.

Hamborner Reit

Hamborner Reit ist eines der Unternehmen, auf die ich in der Vergangenheit erst beim EKF so richtig aufmerksam geworden bin und in die ich inzwischen investiert habe.

Dieses Jahr war Hamborner von allen Immobilienunternehmen für mich das überzeugendste. Die aktuelle Finanzierungsquote beträgt nur 41% und der durchschnittliche Zinsbindungszeitraum noch mehr als 6 Jahre. Damit ist Hamborner so konservativ aufgestellt, dass sogar opportunistisch daran gedacht werden kann weitere Objekte günstig zu kaufen.

Noratis AG

Die Noratis ist ein weiterer Wert in den ich inzwischen investiert habe. Natürlich war das Engagement bisher nicht besonders erfolgreich und so habe ich mir den Vortrag auch unter dem Aspekt angehört, ob es jetzt besser wäre ein Ende mit Schrecken zu akzeptieren als einen Schrecken ohne Ende.

Im Ergebnis bin ich etwas hin und hergerissen gewesen. Das Geschäftsmodell mit einem Fokus auf Objekte mit niedrigen Mieten macht für mich immer noch Sinn und wird durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten eher noch attraktiver. Auch die Tatsache, dass mit der Merz Gruppe ein Ankerinvestor für weitere Kapitalerhöhungen bereit steht, um günstige Gelegenheiten zu nutzen, ist für mich positiv.

Andererseits ist der LTV mit deutlich über 60% in Zeiten steigender Zinsen gefährlich hoch und noch dazu sind die meisten Zinsen variabel. Zwar wurden die Zinsen zu über 70% durch caps abgesichert, aber die Absicherungen haben keine so lange Laufzeit wie „richtige“ feste Zinsen. Da Noratis erst vor relativ kurzer Zeit begonnen hat ein Bestandsportfolio aufzubauen und davor alle Objekte nach Verbesserung direkt wieder verkauft hat, macht die kurzfristige Finanzierung operativ Sinn, lässt das Portfolio aber jetzt gleichzeitig auch verletzlicher aussehen.

Ich werde meine Noratis Position deshalb erst mal unverändert halten.

The Grounds Real Estate Development

The Grounds Real Estate Development war für mich neu und wurde auch erst 2020 gegründet. CEO ist ein ehemaliger CEO von Adler Real Estate und das ist im Zuge des aktuellen Bilanzskandals bei Adler natürlich keine besonders gute Referenz.

Unabhängig davon kann man sich das Unternehmen näher anschauen, wenn man auf die Zukunft der beiden Schwerpunkte Berlin bzw. Speckgürtel von Berlin und Magdeburg setzen möchte.

Für mich ist das Unternehmen nichts, da ich mich mit Projektentwicklungen ohnehin schwer tue. Dazu kommt, dass die Börsenkapitalisierung nur 37 Mio. Euro beträgt, der LTV bei hohen 61% liegt und 2024 eine Wandelanleihe zur Rückzahlung fällig wird. Ein positiver Katalysator kann ein Besserungsschein aus dem Verkauf einer Logistik Immobilie in der Vergangenheit sein. Hieraus könnten dem Unternehmen bis zu 9,75 Mio. Euro zufließen, die voll ergebniswirksam wären und auch das Refinanzierungsrisiko erheblich mindern würden.

FCR Immobilien AG

Die FCR Immobilien AG ist ein Bestandshalter von Einzelhandelsimmobilien und Fachmärkten. Dazu kommen auch noch bezogen auf die Mieten knapp über 10% Büro, Logistik und Wohnen. Letzteres erscheint mir höher als der Anteil, den man vielleicht einfach mal mit kaufen muss, weil ein Objekt z.B. in den oberen Etagen einige Wohnungen hat. Bei einer Marktkapitalisierung von knapp 150 Mio. Euro erschließt sich mir diese Diversifikation, die dann doch keine richtige ist, nicht.

Geographisch ist FCR diversifiziert, hat aber mit über 40% der Mieteinnahmen aus Thüringen und Sachsen auch einen klaren Schwerpunkt.

Was ich bei FCR überhaupt nicht verstehe ist, dass die Marktkapitalisierung immer noch knapp über der Halbjahresbewertung liegt, während viele andere Kurse von Immobilienunternehmen mittlerweile sinkende Immobilienwerte antizipieren und deutlich darunter liegen.

Gleichzeitig wird bereits im Februar nächsten Jahres eine Anleihe fällig, ohne dass bereits klar ist, wie diese refinanziert werden soll.

Ich werde mich mindestens bis zum nächsten EKF nicht mehr mit FCR beschäftigen, da es aus meiner Sicht bessere Optionen gibt.

Deutsche Konsum Reit

Die Deutsche Konsum Reit ist ebenfalls ein Bestandshalter von Handelsimmobilien allerdings was die Anzahl der Objekte angeht fast doppelt groß wie FCR. Dem ganzen Auftritt bei der Präsentation hat man für meinen Geschmack den Größenunterschied angemerkt. Das war alles für mich irgendwie professioneller und schlüssiger argumentiert.

Die Deutsche Konsum Reit verfolgt immer noch die Strategie Objekte zu kaufen, wenn deren Mietvertrag keine besonderes lange Restlaufzeit mehr hat. Das hat Risiken, aber wenn die Standortanalyse gut gemacht ist, sollten diese beschränkt sein, da in Deutschland Einzelhandelsflächen häufig nur noch restriktiv genehmigt werden. In Verbindung mit dem relativ großen Portfolio ist man auch in der Lage mit allen große Handelsketten langfristige Beziehungen aufzubauen und auf Augenhöhe zu verhandeln.

Mir gefällt die Deutsche Konsum Reit grundsätzlich schon lange, aber die Bewertung war mir bisher immer zu hoch. Da sich der Kurs in diesem Jahr ungefähr halbiert hat, könnte jetzt langsam mal meine Zeit gekommen sein. Leider besorgt mich die Aussage, dass aktuelle Finanzierungen mit kürzeren Laufzeiten und teilweise sogar variablen Zinsen vorgenommen werden, weil man davon ausgeht / hofft, dass die EZB wegen einer drohenden Rezession die Zinsen im kommenden Jahr senken wird. Es kann natürlich sein, aber ich mache mir bei Immobilienwerten aktuell eher Gedanken darüber, wie sie aufgestellt sind, wenn Immobilienfinanzierungen dauerhaft wieder 5% bis 6% kosten.

Die Deutsche Konsum Reit bleibt erst mal auf meiner Watchlist und ich mache mir weitere Gedanken, wenn Ende des Monats der Jahresabschluss für das abweichenden Geschäftsjahr vorgelegt wird.

DEFAMA Deutsche Fachmarkt

Der Ansatz der DEFAMA Deutsche Fachmarkt ist ähnlich wie der von FCR und Deutsche Konsum Reit.

Im Vortrag wurde viel auf Entwicklungen pro Aktie abgestellt, dass hat mir sehr gut gefallen und kommt bei anderen Unternehmen regelmäßig viel zu kurz.

Der Vortrag war aber schnell durch gehetzt, so dass ich teilweise schwer folgen konnte. Für mich gab es auch Argumente, die ich so auch nicht für wirklich überzeugend halte. Ein Beispiel war z.B. eine Publikumsfrage bezüglich der steigenden Zinsen und als Antwort kam nur, dass die Einkaufsmarge gleich bleibt, weil man bei gestiegenen Zinsen auch weniger Kaufpreis zahlen wird. Dabei kein Wort zum Bestandsportfolio, das meiner bescheidenen Meinung derzeit viel wichtiger ist, selbst wenn die Zinsen dafür noch für einige Jahr fixiert sind. Vielleicht bin ich da momentan auch einfach nur zu vorsichtig / ängstlich.

FAZIT

Ich fand das Eigenkapitalforum wieder sehr informativ und habe das Hybridsystem sehr zu schätzen gelernt.

Unter den von mir verfolgten Immobilien Unternehmen waren Hamborner Reit und Deutsche Konsum Reit meine Favoriten für ein weiteres bzw. erstes Engagement.

Grounds Real Estate bietet möglicherweise einiges an Upside, da ich den oberflächlichen Eindruck habe, dass der als wahrscheinlich präsentierte Zufluss aus dem Besserungsschein im Kurs noch nicht berücksichtigt ist. Ich kann das aber nicht wirklich beurteilen, die Strategie ist mir grundsätzlich zu risikoreich und die Börsenumsätze sind mir zu gering. Deshalb ist diese Aktie für mich trotzdem nichts.

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