BASF – günstig, langweilig, langfristig

ISIN: DE000BASF111

aktueller Kurs: 49,765

Discount Zertifikat ISIN: DE000HZ98ST3

aktueller Kurs: 36,86

Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber ich meine BASF war Ende der 80‘er Jahre die allererste Aktie in meinem allerersten Depot. Das ist zwar schon ewig her, aber zumindest in der Wirtschaftspresse habe ich BASF über die Jahre immer ein wenig im Auge gehabt. Einerseits ist die Chemie Industrie zyklisch und kapitalintensiv, was zu mir passt, aber andererseits kenne ich mich mit den Produkten nicht wirklich aus, was natürlich nicht hilfreich ist, wenn man antizyklisch investieren will.

Damit ist der Rahmen für diesen Artikel eigentlich schon gesetzt. Ich bin in der Wirtschaftswoche mal wieder auf die Idee gekommen mich etwas näher mit der BASF zu beschäftigen. Eine tiefgründige Value Analyse mit außergewöhnlichen Erkenntnissen, darf man allerdings nicht erwarten. Dafür ist das Unternehmen zu komplex, als Blue Chip von vielen anderen analysiert und last but not least reichen meine Kenntnisse über Branche und Unternehmen dafür nicht aus.

Im folgenden werde ich deshalb nur darlegen, warum ich für mich zu dem Ergebnis gekommen bin, dass die BASF Aktie für mich hoffentlich langfristig betrachtet eine solide, wenn auch wahrscheinlich nicht spektakuläre, Anlage sein wird.

Unternehmen

Die Unternehmenskultur ist ein wesentlicher, wenn auch als Externer schwer zu bewertender qualitativer Faktor bei der Einschätzung eines Unternehmens. Bei BASF gefällt mir der seit vielen Jahren bestehende Fokus auf organisches Wachstum an Stelle von Übernahme Abenteuern, wie sie z.B. Bayer immer noch mit Monsanto erlebt. Stattdessen nutzt man die Gunst der kartellrechtlichen Stunde und kauft günstig Teile von Bayer.

Für ein langweiliges und langfristiges Investment ist ebenfalls positiv, dass BASF sehr breit aufgestellt ist. Seit 2019 fasst BASF 11 Unternehmensbereiche in 6 Segmenten zusammen, die 2019 folgende Umsatzanteile hatten:

1) Chemicals 16%

2) Materials 20%

3) Industrial Solutions 14%

4) Surface Technologies 22%

5) Nutrition & Care 10%

6) Agricultural Solutions 13%

Die verbleibenden 5% des Umsatzes entfielen auf sonstige Aktivitäten. Obwohl BASF breit aufgestellt ist, nimmt BASF nach eigenen Angaben in 70% der Geschäftsfelder eine der drei ersten Marktpositionen ein.

Auch die Branchenstruktur der Kunden ist breit gestreut. Mehr als 20% vom Umsatz machen nur die Kunden aus der Chemie und Kunststoffindustrie aus. Für jeweils 10% bis 20% des Umsatzes stehen die Landwirtschaft, die Konsumgüterindustrie und das Transportwesen. Auf weniger als 10% Umsatzanteil belaufen sich die Umsätze der Branchen Bau, Elektronik, Energie und Rohstoffe sowie Gesundheit und Ernährung.

Wer BASF ein wenig kennt, aber nicht genau verfolgt, wundert sich vielleicht warum das Öl- und Gas Geschäft der Tochter Wintershall hier nicht auftaucht. Das liegt daran, dass die Wintershall 2019 mit der ehemaligen RWE Tochter DEA fusionierte, die inzwischen dem russischen Oligarchen Mikael Fridman gehörte. An dem neuen Konzern gehören der BASF aktuell 72,7%. Dieser Anteil soll in Zukunft durch einen Börsengang der Wintershall DEA reduziert werden.

Bewertung

Eine Summe der Teile Bewertung, wie sie für mich typisch wäre, kann ich bei BASF nicht leisten. Ich bin deshalb viel einfacher an die Sache ran gegangen und zwar über die Historie. Insbesondere in einer zyklischen Industrie sollten natürlich auch Abschwünge in der Betrachtung enthalten sein, wenn man mit Durchschnittswerten arbeiten will. Da der Investor Relations Bereich von BASF in meinen Augen vorbildlich aufgebaut ist, konnte ich problemlos 20 Jahre zurück gehen.

Der durchschnittliche Gewinn pro Aktie betrug in den letzten 10 Jahren 5,70 Euro und in den letzten 20 Jahren 5,10 Euro. Bezogen auf meinen Kaufkurs beträgt das langfristige KGV 8,7 (10 Jahre) bzw. 9,7 (20 Jahre). Für mich ist das langfristig eine realistischere Bandbreite als das KGV von 21, das man derzeit bei comdirect als Schätzung für 2020 findet. Aber auch realistischer als die 5,4 auf die man kommt, wenn man einfach das Ergebnis von 2019 nimmt. Letztere Bewertung wäre auf jeden Fall irreführend, denn der Gewinn 2019 enthielt einmal Effekte in Milliardenhöhe aus der Entkonsolidierung der Wintershall.

Früher habe ich ein KGV von 10 gerne als Schwelle genommen, unter der mich Werte interessierten. Es bedeutet, dass das Unternehmen bezogen auf den Kurs ohne weitere Wachstumsannahmen 10% Gewinnrendite erwirtschaftet. Heutzutage wäre ich notgedrungen schon mit weniger als 10% zufrieden, wenn ich davon ausgehen kann, dass das Unternehmen die Gewinne zumindest im Rahmen der Inflation steigern kann. Entgegen meiner ursprünglichen Vermutung ist diese Annahme bei BASF durchaus kein Selbstläufer.

Durchschnittlich ist der Umsatz in den letzten 10 Jahren um 0,8% p.a. gesunken und das EBIT sogar um 6,6%. Wesentlich besser sieht es beim Nachsteuer Gewinn aus, der um 7,1% p.a. zulegte. Allerdings habe ich oben ja schon erwähnt, dass das Jahr 2019 durch Einmaleffekte besonders positiv ausfiel. Ich habe die Durchschnittszahlen deshalb auch noch für 9 Jahre bis 2018 berechnet. Danach sanken Umsatz und EBIT jährlich um durchschnittlich 0,7% bzw. 3,2% und der Gewinn stieg um 0,4% p.a. Ich vermute, dass das niedrige Zinsniveau dazu beigetragen hat, trotz sinkendem EBIT noch steigende Gewinne zu erzielen.

Die Durchschnittswerte über 19 Jahre sehen mit 2,9%, 3,8% und 7,7% für Umsatz, EBIT und Gewinn einiges besser aus. Aber es ist natürlich unklar, wann in der Historie sich vielleicht etwas systematisch und nicht nur zyklisch geändert hat.

Alles in allem scheint es mir trotzdem realistisch, dass die aktuelle Bewertung weitgehend meiner alten Vorstellung entspricht. Das heißt eine zumindest hohe einstellige Gewinnrendite bei vielleicht nur marginal wachsendem aber zumindest nicht dauerhaft stark schrumpfenden Geschäft.

BASF hat eine Tradition relativ hoher und außerhalb von Krisen kontinuierlich steigender Dividenden. Auf Basis der Durchschnittszahlen erwarte ich auf den aktuellen Kurs bezogen eine nachhaltige Dividendenrendite um die 5%.

Ebenfalls für ein längerfristig günstiges Kursniveau spricht das aktuelle KBV von 1,1. Natürlich ist das kein Niveau mit Sicherheitsabschlag, wo man zumindest theoretisch drüber nachdenken könnte unter Zerschlagungsgesichtspunkten zu kaufen, aber zumindest ist es auch kein so hohes Niveau, dass die erzielbaren Renditen unweigerlich Investitionen von Wettbewerbern anziehen. In kapitalintensiven Industrien werde ich nicht mehr zum Mehrfachen des Buchwerts kaufen. 0,9 oder 1,1 dürfte hingegen langfristig eine weniger große Rolle spielen.

Risiken

Das allergrößte Risiko, dass für mich mit BASF verbunden ist, bleibt die Tatsache, dass ich mich im Detail nicht auskenne. Es gibt allerdings auch ein paar konkrete negative Faktoren, die mir geläufig sind. Dazu gehört z.B. die bereits vor Corona sinkende Nachfrage der Autoindustrie. Auch der ganze Agrarchemie Bereich ist mit Risiken behaftet. Kann es zu ähnlichen Klagen wie bei Monsanto / Round Up kommen? Drohen Produkte aus Umweltschutzgründen verboten zu werden?

Letztlich kann ich meinem Ansatz hier nur treu bleiben und das ganze aus der Adler Perspektive betrachten. Jeder einzelne Bereich bei BASF hat einen ausreichend kleinen Anteil, um zu glauben, dass sich der Konzern auf Veränderungen einstellen kann. Dafür spricht auch die hohe Eigenkapitalquote von 47% und das sehr gute A Rating von S&P.

Management der Höhe des Investments

Auch bei BASF habe ich den jüngsten Tiefpunkt von 37 Euro im März verpasst. Eine zweite Welle von Kurseinbrüchen möglicherweise aufgrund einer zweiten Corona Welle ist genauso wenig auszuschließen, wie ein weiterer Anstieg der Kurse, weil z.B. ein Impfstoff gefunden wird oder die EZB anfängt Aktien zu kaufen. Ich habe mich deshalb entschieden erst mal nur etwa die Hälfte einer langfristigen Position zu kaufen.

Mit der anderen Hälfte habe ich dann quasi gleich noch einen möglichen Nachkauf zu einem Kurs von 40 Euro vorweg genommen und ein Discount Zertifikat gekauft. Fällt der Kurs bis Juli nächsten Jahres nicht unter 40, habe ich mir mir immerhin rund 8% Rendite für ein Jahr gesichert. Fällt er doch, würde ich sowieso aufstocken.

FAZIT

BASF ist für mich weder eine Wachstumsstory noch ein besonderes Schnäppchen. Was ich mir allerdings erwarte, ist eine solide Rendite im mittleren einstelligen Bereich. Ob ich die Aktien auf der Basis wirklich richtig langfristig halten werde oder nur als Überbrückung bis es wieder mehr richtige Schnäppchen gibt, wird sich zeigen.

5 Gedanken zu „BASF – günstig, langweilig, langfristig

  1. Malte

    Hallo Mario,

    bin hier auch an Board und teile deine Gedanken größtenteils.
    Persönlich fände ich es sehr spannend mal dein gesamtes PF zu sehen – natürlich ohne die genaue Stückzahl.
    Kannst du ja mal überlegen, ob du das mit deinen Lesern teilst.

    Danke in jedem Fall für deine Artikel, immer wieder lehrreich.
    Viele Grüße
    Malte

    Antworten
    1. Value Mario Beitragsautor

      Hallo Malte,

      mein vollständiges Portfolio kannst du hier: https://value-shares.de/aktienuniversum/ schon die ganze Zeit sehen. Sogar inklusive einiger Werte, die ich längerfristig auf der Watchlist habe. Letztere ändert sich immer mal wieder und ist nicht immer vollständig/aktuell, aber die Bestandspositionen pflege ich grundsätzlich schon.

      Gruß
      Mario

      Antworten
  2. Binvest

    Hallo Mario,

    schöne Idee auf jeden Fall – auch wenn natürlich alles andere als außergewöhnlich.
    Ich habe mich jüngst entschieden, auf aktuellem Kursniveau auf Bayer zu setzen. Mit Blick auf den Agrochemiemarkt habe ich dabei zumindest einen gewissen Analyseaufwand betrieben und finde, dass durch das Marktoligopol die Zukunftsaussichten schon sehr interessant erscheinen (klar, größte Gefahr noch stärkere Regulierung).
    Für BASF war diese Übernahme ja vor allem interessant, weil sie jetzt auch ein Standbein im Saatgutgeschäft haben und somit Saatgut und Pflanzenschutz dual entwickeln können
    Ohne Zukauf wäre der Forschungs- und Entwicklungsaufwand für diesen Schritt wohl deutlich höher gewesen.

    Aus meiner Sicht wird die Entwicklung des Marktes nach dieser zweiten Marktkonsolidierung des Agrochemiemarktes auf jeden Fall höchst spannend. Die Übernahmepreise für Syngenta durch Chemchina und Monsanto durch Bayer zeigen zumindest die Markterwartungen der großen Player und von steigenden Verkaufspreisen in dem Oligopol würden BASF natürlich auch sehr profitieren.

    Mittelfristig sollte das Investment eine solide Rendite bei relativ geringem Risiko abwerfen, positive Überraschungen nicht ausgeschlossen…

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  3. Pingback: Nachkäufe und breite Streuung wg. negativen Zinsen | Value Shares

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