Buch: Capital Returns

von: Edward Chancellor (Hrsg.)

Von dem Buch Capital Returns, hatte ich bevor ich es jetzt selber gelesen habe, vorher schon gutes gelesen und gehört. Trotz meiner entsprechend hohen Erwartungshaltung bin ich von dem Buch begeistert. Wenn ich hier ein Buch des Jahres küren würde, hätte Capital Returns den Preis von mir für 2017 wahrscheinlich schon sicher, auch wenn noch nicht mal die Hälfte des Jahres um ist.

In dem Buch hat Edward Chancellor eine Auswahl der Investorenbriefe von Marathon Asset Management von 2002 bis 2015 zu diesem Buch verarbeitet. Die Hauptthese von Marathon Asset Management ist, dass überdurchschnittliche Renditen tendenziell Konkurrenz und Investitionen anziehen, so dass diese schließlich zu einer Phase mit unterdurchschnittliche Renditen führen. Umgekehrt lassen niedrige Renditen den Wettbewerbsdruck sinken, so dass wieder ein Phase hoher Renditen folgen kann.

Diese Zyklizität der Angebotsseite ist es, auf die ich mich in den letzten Jahren selber immer mehr konzentriere, die ich allerdings nicht so gut und anschaulich in Worte fassen kann, wie es in dem Buch gelungen ist.

Edward Chancellor

Der Herausgeber Edward Chancellor ist ein Finanzjournalist und Autor. Unter anderem hat er auch schon in der gleichen Rolle an dem Vorgängerbuch „Capital Account: A Money Manager‘s Reports on a Turbulent Decade“ mitgewirkt. Als Journalist hat er schon für die Financial Times, das Wall Street Journal und Reuters geschrieben.

Marathon Asset Management

Marathon Asset Management wurde 1986 gegründet und hat seinen Sitz in London. Da es in New York eine gleichnamige Gesellschaft gibt, mir der man sie nicht verwechseln sollte, läuft sie in den USA unter Marathon London.

Die Internetseite von Marathon ist sehr überschaubar, was ich insofern nachvollziehen kann, dass man ohnehin nur für institutionelle Kunden arbeitet und keine Produkte für Privatanleger anbietet. Hier kann man aber immerhin auf einige der Investmentbriefe zugreifen, auf denen auch das Buch basiert. Im Internet habe ich außerdem noch die Information gefunden, dass man mit 73 Angestellten USD 52,6 Mrd. für 81 Kunden verwaltet.

Capital Returns

Das Buch Capital Returns besteht aus einem Vorwort vom Herausgeber, in dem auf 22 Seiten schon mal wesentliche Punkte des Capital Cycle Ansatzes erklärt werden sowie aus 7 Kapiteln, in denen jeweils eine Gruppe von Investmentbriefen chronologisch zusammengefasst sind:

1. Capital Cycle Revolution

In der Öffentlichkeit breit diskutierte Börsen- und Wirtschaftstrends haben häufig etwas mit der Nachfrage zu tun. Jahre bzw. Jahrzehnte nahm z.B. der weltweite Containerhandel mindestens doppelt so schnell zu wie das allgemeine Weltwirtschaftswachstum. Der Welthandel ist (war) ein Megatrend. Um an diesem Wachstum zu partizipieren, wurden dann aber irgendwann viel zu viele Schiffe bestellt, was dazu führte, dass die Containerschifffahrt gerade durch die schwerste Krise ihrer Geschichte geht, obwohl die Nachfrage gar nicht gesunken sondern nur langsamer gestiegen ist. Gerade in kapitalintensiven Branchen wie der Schifffahrt hat der an der Angebotsseite orientierte Ansatz den Vorteil, dass die Entwicklung mittelfristig recht gut prognostizierbar ist. Zwischen Bestellung und Auslieferung eines Schiffes vergehen einfach zwischen einem und drei Jahren.

Im ersten Kapitel werden verschiedene Beispiele, wie mein eigenes von den Schiffen, erläutert. Das geht von der Fischerei über Bier bis hin zum sogenannten Rohstoff Superzyklus.

2. Value in growth

Der Capital Cycle Ansatz geht davon aus, dass hohe Renditen grundsätzlich zusätzliches Kapital anziehen, was auf die Dauer die hohen Renditen verschwinden lässt. Bei Prosafe habe ich das schmerzlich noch mal vor Augen geführt bekommen. Marathon hat aber festgestellt, dass es Unternehmen gibt, für die diese grundlegende These nicht oder nur abgeschwächt zutrifft. Dies sind Unternehmen, die nach Warren Buffett ein Burggraben von Wettbewerbsvorteilen umgibt. In solchen Fällen investiert Marathon, auch dann wenn sehr hohe Renditen erzielt werden und die Bewertungen im klassischen Value Investment Sinne nicht günstig erscheinen. Die Voraussetzung dafür ist die Einschätzung, dass der Markt die zukünftige Rentabilität trotz der vermeintlich schon hohen Bewertung noch immer zu niedrig einschätzt. Im Einkauf liegt zwar der Gewinn, aber es geht nicht darum einen niedrigen Preis nach irgendwelchen Kriterien wie KGV zu zahlen, sondern entscheidend ist weniger zu zahlen als der inhärente Wert des Unternehmens. Ein Beispiel im Buch ist ein Unternehmen, das Sensoren für Airbags herstellt. Die korrekte Funktion des Airbags ist für die Autohersteller sehr wichtig, gleichzeitig machen die Sensoren im Vergleich zum ganzen Auto nur einen verschwindend geringen Kostenanteil aus. Die Neigung den Lieferanten für ein so wichtiges und gleichzeitig günstiges Teil zu wechseln ist sehr klein. Der Hersteller der Sensoren kann deshalb hervorragende Renditen erwirtschaften, ohne das gleich Investitionen des Wettbewerbs angelockt werden.

Mit super Unternehmen zum fairen Preis habe ich mich bisher immer schwer getan, weil es mir schwerfällt einzuschätzen, wie lange die tolle Entwicklung noch weitergeht. Diese Skepsis basiert aber meistens auf der Frage, wie lange die Nachfrage noch boomt. Den Capital Cycle Ansatz finde ich da sehr interessant. Vielleicht kann ich mich über die Angebotsseite mal dem einem oder anderem hervorragendem Unternehmen nähern.

3. Management matters

Es gibt unterschiedliche Meinungen, ob es sinnvoll ist das Management eines Unternehmens, das man analysiert, kennenzulernen oder nicht. Marathon ist klar auf der Seite derer, die das für sinnvoll halten. Es dabei allerdings nicht darum sich mit detaillierten Präsentationen informieren (einlullen) zu lassen, sondern um einen Eindruck zu bekommen, um was für einen Menschen es sich handelt und wie die Unternehmenskultur ist. Auch harte Fakten, wie die das Anreizsystem für das Managements spielen eine große Rolle bei der Frage, ob man über längere Zeit mit guten Unternehmensergebnissen rechnen kann.

Dieses Kapitel behandelt noch einige weitere Punkte zum Thema Wünschenswertes und Kritisches der Unternehmensführung.

4. Accidents in waiting

In diesem Kapitel geht es um verschiedenen Fallbeispiele von Blasen, vor denen Marathon zeitig gewarnt hat. Z.B. Anglo Irish Bank über die man bereits 2002 skeptisch geurteilt hat.

5. The living dead

Capital Cycle Investment funktioniert, wenn sich Märkte in zyklischen Tiefs auch mal wieder bereinigen. Im fünften Kapitel geht es darum, wie durch die weltweit niedrigen Zinsen „scheintote“ Unternehmen am Leben gehalten werden und so einer richtigen Marktbereinigung im Wege stehen. Das fünfte Kapitel gibt wieder einige Fallbeispiele insbesondere aus dem Finanzsektor.

6. China Syndrome

Im sechsten Kapitel sind Investmentbriefe verschiedener Jahre zum Thema China zusammengefasst. Meine Quintessenz aus diesem Kapitel, die ich allerdings auch schon vorher hatte, lautet: China ist zwar ein riesiger Markt, die Wirtschaft wird aber so stark von der Regierung beeinflusst, dass Kapitalmarktzyklen in China nicht auf berechenbare Art und Weise zum tragen kommen. Das Kapitel beinhaltet auch Fälle, wie Unternehmen mit staatlichem Hintergrund am Kapitalmarkt geradezu manipulativ agiert haben, zum Schaden der externen Investoren.

7. Inside the mind of Wall Street

Immer im Dezember produziert Marathon ein Stück Satire über die Wall Street. In den satirisch überzogenen Geschichten geht es um eine fiktive aber der Wirklichkeit erschreckend nahe angelehnte Person aus Investment Banking und Private Equity. Wenn man das so liest, kann man lachen und weinen gleichzeitig.

FAZIT

Leider gibt es das Buch nicht auf deutsch. Wer in der Lage ist englische Bücher zu lesen und wer Value Investments mal auf eine etwas andere Art beleuchten will, ist bei diesem Buch sehr, sehr gut aufgehoben. Wer einen ganz anderen Investmentstil verfolgt als ich hier, wird das Buch vielleicht nicht ganz so begeistert lesen.

 

 

6 Gedanken zu „Buch: Capital Returns

  1. Pingback: Ölmulti Aktien | Value Shares

  2. Tobi

    Hi, gibt das Buch auch eine Empfehlung, wann man in Branchen antizyklisch (bezüglich der Kapitalseite) einsteigen könnte? Aktuell (aber eigentlich schon seit zwei-drei Jahren) sieht ja zum Beispiel die Stahlbranche aus, als ob sie in einem zyklischen Tief ist. Und ich nehme mal stark an, dass dieses Tief genau eines dieser Kapitalzyklentiefs ist. Oder welche Bereiche (abgesehen von Banken wo Kapitalanforderungen noch eine ganz andere Rolle spielen und den bekannten Rohstoff- und Schiffsmärkten) würdest du hier noch sehen?

    Antworten
    1. Value Mario Beitragsautor

      Das Buch ist nicht wie Lehrbuch gestaltet, sondern eine Sammlung von Annekdoten, wo man sich dann selber was rausziehen kann, in dem man Ansätze von einem Fallbeispiel auf andere überträgt. Ein Hinweis auf den richtigen Zeitpunkt ist z.B. wenn eine Konsolidierung stattfindet, was in Zukunft zu weniger Wettbewerbsdruck führt.

      Zur Stahlbranche kann ich nicht wirklich was sagen. Mit einer europäischen Brille klingt das erstmal plausibel, aber mir ist die Stahlbranche zu sehr von China getrieben und die Entwicklung dort zu einzuschätzen, ist für mich nicht möglich. Deshalb tue ich mich gerade auch mit Bulker Schiffen so schwer. Die großen transportieren ja zum großen Teil Eisenerz und Kohle für die Stahlindustrie.

      Antworten
  3. Pingback: ExxonMobil, Royal Dutch Shell, BP: meine Ölmulti Aktien | Die Börsenblogger

  4. Pingback: ExxonMobil, Royal Dutch Shell, BP: meine Ölmulti Aktien – NEW marktEINBLICKE

  5. Pingback: ExxonMobil, Royal Dutch Shell, BP: meine Ölmulti Aktien – NEW marktEINBLICKE

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert