Buch: Das große Handbuch der Optionsstrategien

von Andrei Anissimov

Vor etwas über zwei Wochen ist im Finanzbuchverlag das große Handbuch der Optionsstrategien erschienen und ich habe ein Rezensionsexemplar genutzt, um meine Kenntnisse über Optionen mal wieder aufzufrischen. Ich beschäftige ich mich alle paar Jahre damit, bin aber letztlich noch nie an den Terminbörsen aktiv geworden.
Der Untertitel des Buchs lautet: „Die Schritt für Schritt Anleitung für ein stabiles Einkommen an der Börse“. Bei wirtschaftlichen und juristischen Themen kenne ich es so, dass sich „große Handbücher“ an Spezialisten richten, denn sie sind in der Regel teuer, sehr umfangreich und gehen bis ins absolute Detail. Der Untertitel führt einen bei diesem Buch aber auf die richtige Fährte, dass es sich eher um ein Buch für Einsteiger handelt.

Autor: Andrei Anissimov

Der Autor ist Trader und darüber hinaus Redner und Trainer. Er gründete 2013 die Trader IQ GmbH, die Workshops und Seminare zum Trading anbietet. Mit dem vorliegenden Buch vermittelt er sein Wissen nun auch in Buchform und macht nebenbei auch noch ein bisschen Werbung für die Angebote seiner Firma.

Inhalt des Buchs

Das Buch ist in 3 Teile gegliedert:
1) Optionsgrundlagen
2) Optionsstrategien
3) Anwendung
Als ich die Einleitung gelesen habe war ich eher skeptisch, denn der Tenor ging mir zu sehr in Richtung mit Optionen lässt sich leicht viel mehr Geld verdienen als mit Aktien. Ich habe dem Buch aber weiter eine Chance gegeben und letztlich kommen auch immer wieder die richtigen Risikohinweise und Vorsichtsmaßnahmen. Trotzdem überwiegt der Eindruck, dass der Autor Werbung für Optionen machen will und das Thema nicht ganz neutral darstellt. Ein Beispiel zum Thema Optionen statt Stop Loss Order „Sind wir bereit $300 zu riskieren, können wir einen Put für $300 oder drei Puts für $100 kaufen. Wenn wir einen Trade eingehen und einen Stop Loss setzen, beenden wir den Trade mit Verlust, wenn der Stop Loss erreicht wird. Das Kapital, das wir zu riskieren bereit sind, können wir stattdessen einsetzen um eine Option zu kaufen. Wir kaufen Puts und bezahlen die Zeitprämie aus dem Risikokapital. Wir riskieren damit immer noch die gleichen $300 und ersetzen damit den Stop Loss.“ Das ist zwar alles richtig, aber mir fehlt der deutlichere Hinweis, dass man beim Stop Loss dauerhaft abgesichert ist, während man beim Put die Absicherung nur für eine begrenzte Zeit hat. Ist die Zeit abgelaufen, steht man ohne Absicherung da oder muss erneut ins Risiko. Außerdem hat man die Kosten für den Put auf jeden Fall, denn wenn der Kurs wie erhofft steigt, wird der Put wertlos, das kostet Rendite. Es gibt noch mehr Stellen in dem Buch wo der Autor durchaus richtig darauf hinweist, dass man anders als bei Aktien long Positionen bei Optionen sowohl eine Meinung zum erwarteten Umfang der Kursbewegung als auch zum Zeitraum der Kursbewegung haben muss. Gerade das Timing ist aber mein Problem mit Optionen und da bin ich nach der Lektüre auch nicht wirklich weiter.
Absolut positiv finde ich aber die Verständlichkeit mit der das Buch geschrieben ist. Das habe ich schon komplizierter gelesen und ich würde sogar so weit gehen zu sagen, wer dieses Buch nicht versteht, sollte sich von Optionen fern halten.
Im zweiten Teil des Buchs werden die grundlegenden Optionsstrategien ebenfalls sehr verständlich erläutert. Dabei bin ich wieder an zwei Strategien erinnert worden, die gut zu meinem Value Ansatz passen:
1) Covered Call
Bei einem Covered Call verkauft man eine Call Option für einen Wert, den man selber schon im Depot hat. Ich versuche mir ja immer eine Meinung zu bilden, wie hoch der zugrundliegende Wert pro Aktie ist. Statt nur zu warten, bis sich dieser Wert hoffentlich irgendwann auch an der Börse im Kurs widerspiegelt, könnte ich auch noch hingehen und auf dieses Kursniveau Calls verkaufen, da ich auf dem Niveau ja sowieso verkaufen würde.
2) short Put
Mir geht es gerade in heutigen Zeiten regelmäßig so, dass ich Unternehmen gut finde, aber nicht den Kurs. Statt nur zu warten, dass es vielleicht mal zu einer Kurskorrektur kommt, könnte ich auch noch Puts verkaufen. Mit Aktienanleihen habe ich ähnliches in der Vergangenheit schon umgesetzt.
Ganz praktisch ist mein Problem allerdings, dass ich bei der comdirect nur an der Eurex handeln kann. Mein Fokus auf Sachwertaktien leitet mich allerdings in der Regel zu Mid-Cap Gesellschaften im Ausland, auf die an der Eurex keine Optionen gehandelt werden. Ich muss noch mal forschen, ob es da andere Möglichkeiten ggf. mit einem neuen Broker gibt. Falls jemand schon positive Erfahrungen hat, freue ich mich über einen Kommentar. Selbst wenn ich handeln könnte, droht noch das Risiko, dass meine Preisvorstellungen soweit „out of the money“ sind, dass ein Verkauf kaum Erlöse bringen würde. Das Buch erläutert ganz gut, wie man an die Auswahl herangehen sollte, wenn man Risiko und Ertrag aus den Optionen optimieren will. Ich komme hier eher von einer fundamentalen Sichtweise und würde auf diese Optimierung verzichten.
Einen kleinen Fehler habe ich in dem Buch m.E. auch gefunden. Im ersten Teil werden die sogenannten Greeks erläutert. Mit verschiedenen griechischen Buchstaben werden verschiedene Eigenschaften von Optionen dargestellt. Das Gamma gibt an wie sich das Delta verändert wenn sich der Preis des Basiswerts verändert. Das Delta wiederum gibt an wie sich der Preis der Option verändert, wenn sich der Preis des Basiswerts verändert. Im Buch steht nun: „Das höchste Gamma liegt bei einer Option vor, die tief im Geld ist.“ Das machte für mich keinen Sinn und so habe ich im Internet geschaut und dort die Aussage gefunden, dass das Gamma „at the money“ am höchsten ist, was mir auch einleuchtet (Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Greeks_%28finance%29#Gamma)

FAZIT

Ein großes Handbuch ist das Buch aus meiner Sicht nicht, aber für Einsteiger ist es in meinen Augen sehr gut geeignet. Allerdings sollte man immer nüchtern mitdenken und die durchaus vorhandenen Warnhinweise ernst nehmen Ich weiß schon mehr über Optionen und hätte mir in der Tiefe noch das eine oder andere gewünscht. Zum Thema fat tails findet sich zum Beispiel nichts in dem Buch. Die fat tails der Wahrscheinlichkeitsverteilung führen zu den berüchtigten schwarzen Schwänen, die in der Realität viel häufiger auftreten als es die Normalverteilung vermuten lässt. Ich hätte gerne was dazu gelesen, ob moderne Optionspreismodelle das mittlerweile abbilden können und was man berücksichtigen muss, wenn man z.B. als Verkäufer von Puts auftritt.

2 Gedanken zu „Buch: Das große Handbuch der Optionsstrategien

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