Genco Shipping – Deep Value oder Value Trap?

aktueller Kurs: USD 4,16

„Mit „doppelt oder nichts“ kann man die Aktie in meinen Augen ganz gut beschreiben.“ begann im November 2015 mein bisher letzter Artikel über Genco Shipping. Der Kurs der Aktie lag damals bei USD 1,83 und aktuell liegt der Kurs bei USD 4,16. War ich also in meiner Einschätzung, nicht zu investieren, zu konservativ? Nein, das war ich nicht, denn der Kurs steht nur deshalb so hoch, weil im Juli 2016 eine Aktienzusammenlegung (reverse split) im Verhältnis 10:1 durchgeführt wurde. Ohne den reverse split würde der Kurs bei USD 0,42 liegen, was einem Verlust von 77% entspricht. Das hat meine vorsichtige Meinung zu Genco Shipping natürlich bestätigt und eigentlich wollte ich mir die Q2 2016 Berichterstattung nur anschauen, um allgemeine Marktdaten zu bekommen. Es gibt allerdings bei Genco ein paar Entwicklungen, die mich dazu veranlasst haben, mir die Bewertung doch mal wieder vorzunehmen.

Genco Shipping Finanzierungs-Situation

Genco hat Schwierigkeiten die Auflagen (coventants) der verschiedenen Darlehen einzuhalten. Diese Auflagen wurden deshalb bis September 2016 bzw. Oktober 2016 gestrichen bzw. erleichtert. In dieser Zeit soll eine Refinanzierung verhandelt werden. Sollte dies nicht gelingen droht die erneute Insolvenz bzw. eine Restrukturierung aus der die Aktien ziemlich wertlos hervorgehen dürften. Einer der Gläubiger, die chinesische Versicherung Sinosure muss dem allerdings noch bis zum 19.08 zustimmen. Unabhängig von den noch folgenden Ergebnissen und Berechnungen halte ich es nicht für sinvoll zu handeln, bevor das nicht tatsächlich bestätigt wurde.

Auch wenn es noch die Einschränkungen bzgl. Sinosure gibt, scheint man sich bezüglich der Refinanzierung auf einem guten Wege zu befinden. Mit einem internationalen Bankensyndikat wurde zu diesem Zweck wurde bereits eine vorvertragliche Vereinbarung über ein neues USD 400 Mio. Darlehen geschlossen. Wer tiefer in die Materie einsteigen möchte und des Englischen mächtig ist, kann dies tun. Denn die Vereinbarung ist im Wortlaut als Anlage im Q2 2016 Bericht (10-Q) enthalten. Eine wesentliche Bedingung der vorläufigen Finanzierungszusage ist die Durchführung einer Kapitalerhöhung in Höhe von mindestens USD 125 Mio. Davon müssen mindestens 50% von den drei Hedge Fonds Aktionären Centerbridge, Strategic Value Partners und Apollo kommen, die dies in weiteren vorvertraglichen Vereinbarungen auch bereits zugesagt haben. Es läuft allerdings eine knappe zeitliche Frist. Bis zum Ende des Monats muss Genco den Banken nachweisen, dass die Kapitalerhöhung direkt platziert wurde oder dass die notwendigen Unterlagen für eine öffentliche Platzierung eingereicht wurden. Diese deadline war ursprünglich sogar am 15. August und konnte vom Unternehmen wohl nicht eingehalten werden. Scheinbar besteht noch Hoffnung, weshalb sie kurzfristig verlängert wurde. Der Markt hat das trotzdem nich gut aufgenommen und der Kurs ist gestern um über 12% gefallen.

Genco Shipping Bewertung

Ich habe zuerst eine Bewertung nach dem bisherigen Schema vorgenommen, um zu schauen, ob die Aktien bezogen auf den NAV überhaupt noch günstig aussehen. Im Anschluss daran habe ich dann ein paar Annahmen über die notwendige Kapitalerhöhung vorgenommen, um abzuschätzen, wie das den Kurs der vorhandenen Aktien beeinflussen könnte

Genco Bewertung vor Kapitalerhöhung

Wie immer bei Schiffsgesellschaften basiert meine Bewertung der Flotte auf dem Wert von www.vesselsvalue.com.

Vesselsvalue Genco Fleet Value 2016 08 klein

Neben dem Flottenwert habe die bilanzierten Aktiva berücksichtigt, dabei habe ich allerdings die aktivierten Fremdkapitalkosten und die Investments ignoriert. Nach Abzug sämtlicher Verbindlichkeiten komme ich so auf einen Wert des Eigenkapitals von rund USD 148 Mio. Die Börsenkapitalisierung liegt hingegen nur bei rund USD 31 Mio. Der Abschlag auf den von mir errechneten Wert entspricht damit 79%. Im Vergleich zu der letzten Bewertung hat er sich damit sogar noch mal ausgeweitet. Damals betrug er 70%.

Genco Bewertung nach Kapitalerhöhung

Zu den Konditionen der Kapitalerhöhung wurde noch nichts veröffentlicht. Klar dürfte sein, dass es einen Abschlag auf den aktuellen Kurs braucht, um Investoren dazu zu bringen weitere Aktien zu zeichnen.

Wie hoch der Abschlag ausfällt, wäre für die Altaktionäre egal, wenn sie ein Bezugsrecht für die neuen Aktien bekommen würden. Im April 2016 wurde jedoch ein erhöhtes genehmigtes Kapital beschlosen für das Bezugsrechte ausgeschlossen wurden. Neben einer Erhöhung des Stammkapitals auf bis zu 50 Mio. Aktien (derzeit rund 7,4 Mio.) können außerdem auch noch bis zu 10 Mio. neue Vorzugsaktien mit noch nicht näher definierten Eigenschaften emitiert werden.

Da sich der von mir errechnete Wert deutlich oberhalb des aktuellen Börsenkurses befindet, könnte eine verwässernde Kapitalerhöhung trotzdem positiv für die Altaktionäre sein. Die mögliche Rendite würde zwar geschmälert, aber dafür könnte sie in Verbindung mit der Refinanzierung der Darlehen der Auslöser sein, der den Kurs wieder in Richtung NAV bewegt.

Unterstellt man für die Kapitalerhöhung z.B. einen Abschlag von 20% auf den aktuellen Börsenkurs, so ergibt sich auf der verwässerten Basis ein Wert von rund USD 6 pro Aktie. Für die Altaktionäre wäre das ein Potential von etwa 46%. Für die Neuaktionäre, die sich mit dem Abschlag einkaufen, hingegen ein Potential von 82%. Dabei habe ich vereinfachend nicht berücksichtigt, dass für die Kapitalerhöhung Kosten anfallen werden. Die tatsächlichen Ergebnisse werden also, selbst wenn alles klappt, etwas schlechter aussehen.

Für mich wäre etwas in der Art, ein faires Szenario, dass den Interessen aller Beteiligten ziemlich gut gerecht wird. Ich fürchte allerdings, dass die drei beteiligten Hedgefonds kein großes Interesse an einer für alle Beteiliten fairen Lösung haben. Ich gehe stattdessen davon aus, dass sie ihren eigenen Vorteil maximieren werden.

Was bedeutet es also für die Altaktionäre wenn sie im Rahmen des genehmigten Kapitals maximal verwässert werden?

Wenn das benötigte Kapital (125 Mio.) und die Anzahl der Aktien (50 Mio. nach Kapitalerhöhung) gegeben sind, kann man den Abschlag auf den aktuellen Börsenkurs ermitteln, bei dem beide Vorgaben erfüllt sind. In diesem Falls liegt das Ergebnis bei rund 40%. Mit so einem hohen Abschlag haben die neuen Aktionäre ein Potential von rund 90% und zwar auf Kosten der Altaktionäre, deren Potential zum NAV auf 14% sinkt.

Dabei habe ich die möglichen zusätzlichen Vorzugsaktien noch nicht einmal berücksichtigt, weil sich in allen Konditionen deutlich von den Stammaktien unterscheiden können. Im Zweifel können die Altaktionäre aber z.B. durch Mindestdividenden auf die Vorzüge etc. weiter belastet werden.

FAZIT

Ich finde die aktuelle Situation bei Genco sehr interessant. Auf den ersten Blick bietet der Kurs der Aktie ein riesiges Potential. Eine Verwässerung durch die notwendige Kapitalerhöhung ist allerdings zu Recht schon eingepreist. Andererseits könnte eine angemessene Verwässerung den Altaktionären immer noch eine sehr attraktive Chance lassen und gleichzeitig der kurzfristig anstehende Auslöser für eine deutlich positivere Markteinschätzung sein.

Ich werde trotzdem nicht investieren, denn ich fürchte, dass die 3 Hedge Fonds Aktionäre oder andere neue Investoren für eine maximale Verwäserung der Altaktionäre sorgen werden. Aus deren Sicht ist das vielleicht sogar nachvollziehbar, denn wenn es klappt, sind sie es, die das Unternehmen vor der Insolvenz bewahren. Nach meinen Überlegungen ist der Kurs der Aktie dann aber aktuell mehr oder weniger fair und rechtfertigt damit keine Investition.

4 Gedanken zu „Genco Shipping – Deep Value oder Value Trap?

  1. am-ph

    Wenn ich die Unterlagen richtig verstehe, ist für die Kapitalerhöhung eine öffentliche Platzierung von Aktien nur als Ultima Ratio vorgesehen. Sollte es dazu kommen, könnte sich eine Zeichnung als lukrativ darstellen. Alle anderen Optionen erscheinen mir sichere Verlustbringer.

    Antworten
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