italienische Aktien: Leonardo

ISIN: IT0003856405

aktueller Kurs: 6,44 Euro

Leonardo habe ich aus zwei Gründen als nächstes in meiner neuen italienischen Serie herauspickt:

1) Als Flugzeug-, Hubschrauber- und Rüstungskonzern befinden sich die Geschäftsbereiche von Leonardo halbwegs nahe an meinem Circle of Competence.

2) Das für 2022 erwartete KGV liegt laut comdirect nur bei 5,6

Hauptsächlich die scheinbar absurd günstige Bewertung hat den Ausschlag gegeben Leonardo schnell anzuschauen. Wenn ich mir den „Corona“ Chart anschaue, liegt erst mal die Vermutung nahe, dass der Markt Leonardo als sehr stark von Corona betroffen eingeordnet hat. Das niedrige KGV spricht dafür, dass es in der Realität nicht ganz so schlimm ist.

Quelle: comdirect

Mir erschien das vielversprechend genug, um mir Leonardo etwas genauer anzuschauen.

Leonardo Hintergrund

Leonardo oder besser Finmeccanica wie die Firma bis 2016 hieß, wurde 1948 als staatliche Holding gegründet. Die Wurzeln der einzelnen heute noch zum Konzern gehörenden Firmen reichen aber oft bis zum Anfang des 20. und teilweise bis in das 19. Jahrhundert zurück.

1992 wurde Finmeccanica teilweise privatisiert und an die Mailänder Börse gebracht. Laut dem Jahresabschluss 2020 hält der italienische Staat immer noch 30,2% der Aktien.

Leonardo Geschäftsbereiche

In der Geschichte von Finmeccanica bzw. Leonardo gehörten schon verschiedene Geschäftsbereiche zum Konzern. So hielt man in der Vergangenheit z.B. auch schon mal eine Beteiligung an Alfa Romeo. Seit 2015 hat sich die Firma in folgenden 5 Geschäftsbereichen organisiert:

Helicopters

Unter der Marke Agusta produziert Leonardo eine große Bandbreite von privaten und militärischen Hubschraubern. Unter anderem fertigt Leonardo in einem Joint Venture mit Airbus und Fokker den europäischen Militärhubschrauber NH90.

Defense Electronics & Security

In diesem Bereich werden z.B. die Cockpit Elektronik des Eurofighters, Air Traffic Control Systeme für Flughäfen und optische Überwachungssysteme für Flugzeuge und Fahrzeuge hergestellt.

Zu diesem Bereich gehören aber auch Kanonen für Kriegsschiffe und die entsprechende Munition sowie Torpedos.

Unter Security ist bei Leonardo nach meinem Verständnis vor allem Cyber Security zu verstehen. Leonardo stattet Kontrollzentren z.B. bei Polizeikräften aus und liefert digitale Kommunikationssysteme. Die Sicherheit von IT Netzwerken gehört ebenfalls zu diesem Bereich.

Aeronautics

Im Aeronautics Bereich ist Leonardo an der Fertigung von Flugzeugen beteiligt.

Leonardo hält 50% der Anteile an ATR, dem führenden Hersteller von Propeller betriebenen Regionalflugzeugen. Diese auf englisch turboprob genannten Flugzeuge sind langsamer und in der Kabine lauter als Jets, aber dafür sind sie günstiger in der Anschaffung und im Betrieb. Das bedeutet, dass sie auf weniger frequentierten und kürzeren Strecken noch immer ihre Nische haben.

Neben den Turobprobs von ATR ist Leonardo auch als Zulieferer von Airbus und Boeing tätig. Leonardo fertigt insbesondere einen Teil des Rumpfs der modernen Boeing 787 sowie einen Teil des Rumpfs der sehr erfolgreichen Airbus A321.

Space

Im Weltraum Geschäft ist Leonardo mit der französischen Thales in Joint Ventures aktiv. Es geht hier um z.B. um Satelliten, deren Steuerung von der Erde, die Weltraumstation ISS und die Atom Uhren im Satelliten Navigationssystem Galileo.

Leonardo Umsatz und Gewinnentwicklung

Ich habe für mich einige wesentliche Finanzzahlen bis zurück zum Jahr 2010 erfasst. Für eine Betrachtung der Tendenzen habe ich aber beschlossen im Jahr 2014 zu beginnen, da es davor noch weitere Geschäftsbereich gab, so dass es kein Wunder ist, wenn der Umsatz im Jahr 2010 höher war als im Jahr 2014.

Von 2014 bis 2020 ist der Umsatz im Konzern durchschnittlich um jährlich 0,8% gestiegen und der operative Gewinn (EBITA) um 0,7% gesunken. Letzteres kann aber an Corona gelegen haben, denn von 2014 bis 2019 ist der operative Gewinn immerhin um jährlich 4,2% gestiegen.

Alles keine Werte von denen ein Growth Investor träumen würde, aber in meinen Augen auch kein Grund für eine niedrige einstellige Gewinnbewertung

Das Wachstum stammt dabei am stärksten aus dem Bereich Defense Electronics & Security. In etwa wie der Gesamtkonzern wuchs der Bereich Aeronautics. Der Umsatz im Bereich Hubschrauber ist hingegen um etwas mehr als 1% pro Jahr geschrumpft. Ich beschäftige mich momentan mit Hubschraubern nur am Rande, habe aber mitbekommen, dass diese Branche ziemlich unter den niedrigen Investitionen im Offshore Öl- und Gassektor gelitten hat. Um Offshore Öl zu suchen und zu fördern, braucht man eben nicht nur eine Plattform sondern regelmäßig Hubschrauber, um Personal hin und her zu befördern. Das könnte ein Grund für die 2016 und 2017 gesunkenen Umsätze gewesen sein. Bis Corona kam haben sich die Umsätze langsam wieder erholt. Insgesamt sprechen auch bei den Helikoptern die Zahlen aus meiner ersten Einschätzung nicht für eine dauerhafte schwere Krise, die eine so niedrige Bewertung rechtfertigen würde.

Im Geschäftsbereich Space werden überhaupt keine Umsätze berichtet, was möglicherweise daran liegt, dass man diesem Geschäft nur im Rahmen der Joint Ventures mit Thales nachgeht. Seltsamerweise werden aber EBITA Zahlen berichtet. Diese hatten in den Jahren 2016 und 2017 ihren Höhepunkt und sind danach sukzessive wieder zurückgegangen. Insgesamt trägt aber der Space Bereich die ganze Zeit nur im einstelligen Prozentbereich zum Ergebnis bei und kann damit m.E. für die aktuelle Lage etwas vernachlässigt werden.

Im Durchschnitt von 2014 bis 2020 hat Leonardo einen Gewinn nach Steuern von rund 415 Mio. Euro pro Jahr erzielt. Bezogen auf die aktuelle Marktkapitalisierung von entspricht das einem KGV von 8,8. Allerdings war das Jahr 2020 durch Corona negativ beeinflusst und das Jahr 2014 war mit nur 20 Mio. Gewinn sogar noch deutlich schlechter. Nehme ich nur den Durchschnitt der „normalen“ Jahren 2015 bis 2019 komme ich auf einen durchschnittlichen Gewinn von 529 Mio. Euro und ein KGV von 6,9.

Leonardo Bilanz

Leonardo ist für mich kein Unternehmen, bei dem eine Substanzwertbetrachtung zur Bewertung des Unternehmens Sinn machen würde. Trotzdem ist die Bilanzstruktur natürlich interessant, denn sie zeigt ja wie solide ein Unternehmen finanziell aufgestellt ist.

Im Falle von Leonardo bin ich leider nicht so ganz begeistert. Die Eigenkapitalquote laut Bilanz lag zum 31.12.2020 bei 19,5%. Das finde ich für einen Industrie / Dienstleistungskonzern relativ wenig. Immerhin stimmt der Trend, denn 2014 lag diese Quote noch bei 13,8% und ist seitdem langsam aber relativ stetig gestiegen. Wenn ich, wie für mich üblich, den Goodwill und einige andere immaterielle Wirtschaftsgüter herausrechne ergibt sich leider durchgängig ein negatives Eigenkapital.

FAZIT

Für mich mich gibt es bei Leonardo Licht und Schatten. Gegen ein Investment sprechen für mich folgende Gründe:

– die relativ schwache Bilanz

– die schwache teilweise sogar rückläufige Geschäftsentwicklung

– mein bisher noch geringes Verständnis der vielen Produkte und Dienstleistungen innerhalb von 5 Geschäftsbereichen und damit das Risiko den berechtigten Grund für die niedrige Bewertung zu übersehen

Trotzdem für ein Investment sprechen aus meiner Sicht:

– alle Geschäftsbereiche sind m.E. zukunftsträchtig

– die Bewertung ist wenn nicht absurd niedrig so doch in meinen Augen zumindest sehr niedrig

Vor Corona schwankte der Kurs so zwischen 10 Euro und 12 Euro. Damit wäre das Unternehmen aus meiner Sicht ohne viel Phantasie aber im hier und jetzt realistisch bewertet. Das aktuelle Niveau scheint mir einfach zu niedrig zu sein und deshalb habe ich mich entschieden mit einer kleinen Einstiegsposition zu beginnen und dann in Zukunft sukzessive mehr über das Unternehmen zu lernen.

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