16.5.2012 von admin
WKN: A1H3W6
Ich habe mir die Anleihe von Solarworld angeschaut, da sie mit einem Kurs von 34,5% und einer möglichen Rendite bis 2016 von rund 45% p.a. optisch sehr günstig aussieht. Am Ende bin ich zu dem Ergebnis gekommen nicht in die Anleihe zu investieren. Deshalb fällt dieser Beitrag kürzer aus als er sonst gewesen wäre, denn einerseits möchte ich meine Ergebnisse hier teilen, aber andererseits nach dem ich für mich ein no go Kriterium gefunden habe nicht die übliche Zeit reinstecken.
Solarworld ist eines der führenden deutschen Photovoltaikunternehmen. Anders als die meisten Unternehmen deckt Solarworld einen sehr großen Teil der Wertschöpfungskette ab, stellt also die sogenannten Wafer selber her, aus denen dann im nächsten Schritt die eigentlichen Zellen hergestellt werden. Die Zellen werden dann zu den Modulen zusammengefügt, die man vom Hausdach kennt. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal von Solarworld ist, dass man stark auf einzelne Dachanlagen setzt (im Gegensatz zu großen Solarparks auf der grünen Wiese) und dazu passend eine Werbekampagne (Lukas Podolski) fährt, die zu einem hohen Bekanntheitsgrad bei deutschen Endkunden geführt hat. Nichts desto trotz wird auch Solarworld stark von zwei Faktoren getroffen. Zum einen wurde und wird in Deutschland die Einspeisevergütung stark reduziert und zum anderen bestehen auf dem Weltmarkt erhebliche Überkapazitäten. Chinesische Modulhersteller sind dabei preislich führend und qualitativ sind deren Module anders als noch vor einigen Jahren nicht (wesentlich) schlechter als deutsche Module. Beide Faktoren zusammen haben in Deutschland in der Branche schon zu mehreren Insolvenzen geführt. Ein prominentes Beispiel ist der ehemals weltgrößte Sollarzellenhersteller Q.Cells.
Das Jahr 2011 war für Solarworld verheerend. Der Umsatz ging um rund 20% auf rund 1 Mrd. Euro zurück. Statt einem Gewinn von 87 Mio. im Vorjahr stand 2011 ein Verlust von 299 Mio. Euro zu Buche. Damit hat sich der Buchwert des Eigenkapitals um fast ein Drittel verringert. Für das Überleben des Unternehmens sprachen neben der guten Marktpositionierung die hohen liquiden Mittel in Höhe von 550 Mio. Euro. Trotzdem kann das Unternehmen nicht viele Jahre wie 2011 verkraften. Das Management führt allerdings einen ganz erheblichen Teil der Verluste in 2011 auf Einmaleffekte zurück. Dafür spricht, dass im ersten Quartal 2012 immerhin ein kleiner Gewinn von 7 Mio. Euro erzielt werden konnte. Die liquiden Mittel in der Bilanz beliefen sich zwar auf wesentlich niedrigere aber immer noch beruhigende 468 Mio. Euro.
Es hat also durchaus fundamentale Gründe, dass der Kurs der Aktie von Solarworld alleine im letzten Jahr von rund 10 Euro auf heute 1,58 Euro pro Aktie gesunken ist. Da schon die Anleihe eine sehr hohe Rendite bietet und man bei der Anleihe nur einschätzen muss, ob das Unternehmen überleben und die Anleihe zurückführen (150 Mio. Euro) kann, schien mir die Anleihe interessanter als die Aktie. Nach den bisherigen Ergebnissen war ich auch noch positiv gestimmt, dass der Anleihekurs eine viel zu hohe Ausfallwahrscheinlichkeit beinhalteten könnte.
Nun zu dem Grund warum ich trotzdem nicht investieren werde. Auf Seite 196 des 2011′er Geschäftsberichts wird das Risiko erläutert, dass bei Fremdfinanzierungen in Höhe von 585 Mio. sogenannte covenants bestehen. Werden diese covenants wie z.B. das EBITDA muss immer mindestens das x-fache des nächsten Kapitaldienst betragen, nicht eingehalten kann der Finanzierungsgeber vertraglich vereinbarte Sanktionen verhängen. Dies kann bis zur Möglichkeit gehen die Forderungen fällig stellen. Der Geschäftsbericht führt nicht aus, um welche coventants es sich konkret handelt. Dort steht nur „Bei den Kennzahlen handelt es sich im Wesentlichen um Kennzahlen zum Verschuldungsgrad und zum Eigenkapital. “ Das Risiko erhöht sich noch durch folgende Passage: „Nahezu alle Verträge im Zusammenhang mit Fremdkapitalmitteln enthalten sogenannte „Cross-Default-Klausel (Drittverzugsklausel)“, wonach den Gläubigern ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt wird, sofern die SolarWorld AG ihre Verpflichtungen aus anderen Fremdkapitalmitteln nicht erfüllt. “
Ohne die genauen Klauseln zu kennen, kann man in meinen Augen überhaupt nicht einschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass dem Unternehmen vor der Fälligkeit der Anleihe die finanziellen Mittel aus diesen anderen erheblich höheren Finanzierungen entzogen werden. Der hohe aktuelle Liquiditätsstand könnte die Gefahr dafür in meinen Augen sogar noch erhöhen, denn wenn die Banken jetzt kündigen können und es tun, ist sogar viel Liquidität vorhanden um eine weitgehende Rückzahlung zu leisten.
Ich habe noch bei der Investor Relations Abteilung von Solarworld nachgefragt, um hierzu detaillierte Informationen zu bekommen. Mir war aber im Grunde schon vorher klar, dass sie dies aus compliance Gründen nicht konnte.
FAZIT: Über den außerbörslichen Finanzierungen schwebt das Damoklesschwert der vorzeitigen Kündigung. Durch dieses Risko wird eine Investition in die Anleihe in meinen Augen zur Spekulation und scheidet damit für mich aus.
Dieser Eintrag wurde am 16.5.2012 um 19:02 verfasst und befindet sich in Analysen. Sie können alle Antworten zu diesem Eintrag über den Feed RSS 2.0 mitverfolgen. Hinterlassen Sie eine Antwort oder einen Trackback-Link zu Ihrer eigenen Homepage.
4 Antworten auf “Solarworld Anleihe”
- Ulrich sagt:
16.5.2012 bei 20:37
Sehr schöner Bericht zur Solarworld Anleige. Man merkt, dass sich da jemand Mühe gibt. Die deutsche Solarbranche hat soviele Hürden zu nehmen, da ist das Risiko einfach zu groß.
LG Ulrich; super Blog *Daumen hoch
- admin sagt:
17.5.2012 bei 11:21
Danke für das Lob, freut mich sehr :-)
- rethor sagt:
4.9.2012 bei 10:07
Schließe mich dem Lob von Ulrich an.
Auf anderen Blog wird darüber spekuliert, die Anleihen zu den
niedrigen Kursen durch Solarworld aufzukaufen. Das verbessert
die angesprochenen Kennzahlen und führt bei Ausbuchung zu hohen Gewinnen. Haben schon andere Firmen gemacht.
Solarworld verfügt noch über eine hohe Liquidität. Die Probleme durch langfristige hochpreisige Einkaufsverträge
kann ich nicht einschätzen.
Was ist Ihre Meinung dazu. Danke für eine Antwort
- admin sagt:
4.9.2012 bei 13:05
Wenn die Liquidität vorhanden ist, macht es für ein Unternehmen natürlich Sinn seine eigenen Anleihen unter pari zurückzukaufen. Allerdings nur, wenn das Geld nicht anderweitig gebraucht wird. Solarworld hat operativ durchaus Schwierigkeiten, deshalb kann ich nicht beurteilen, welcher Anteil der Liquidität noch als freie Reserve bezeichnet werden kann, die nicht für operative Themen gebraucht werden wird.
Ich kann mangels Informationen auch nicht beurteilen, ob ein Rückkauf der Anleihe ausreichen würde, um die coventants wieder einzuhalten. Und daher bleibe ich bei meiner Meinung, dass das Verhalten der Banken ein unkalkulierbares Risiko ist. Für mich ist die Anleihe damit im Bereich der Spekulation anzusiedeln.
Sehr schöner Artikel.
Hier eine Kleine Neuigkeit zur Anleihe: Die Anleihebedingungen der Solarworld-Anleihe über 400 Millionen Euro haben sich geändert. Der Grund: Die auf der Gläubigerversammlung der 6,125-prozentigen Anleihe 2010/2017 im Gesamtnennbetrag von 400 Millionen Euro am 6. August 2013 gefassten und am 8. August 2013 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Beschlüsse sind vollzogen worden. [Quelle: http://www.finance-magazin.de/geld-liquiditaet/kredite-und-anleihen/finanzierungen-fresenius-volkswagen-solarworld/ ]
Ein hohes Risiko bedeutet zwar auch hohe Chancen, dennoch sollte man nicht spekulieren.
Gruß,
W.
Ich bin nach wie vor froh, dass ich von dieser Anleihe die Finger gelassen habe.