ISIN: XS0968913342
aktueller Kurs: 90,9%
Aus dem aktuellen Anlass des VW Abgasskandals bewege ich mich heute mal außerhalb meines üblichen Circle of Competence. Für die Stammaktien von VW ist 2015 bisher wahrlich kein gutes Jahr. Schon vor dem Skandal ist die Aktie um gut 30% von über EUR 250 auf rund EUR 170 im September gefallen. Von dem Niveau ging es dann durch den Skandal noch mal steil runter auf zeitweise unter EUR 100. Insgesamt hat die Aktie damit im Jahresverlauf von ihrem Höchstkurs rund 60% abgegeben. Ich bin bestimmt nicht der einzige, der auf die Idee kommt, mal zu schauen, ob da nicht übertrieben wird. Da ich zwar ein Auto Freak aber kein Experte der Autoindustrie bin, habe ich mich nicht an der Bewertung der Aktie versucht, sondern bin stattdessen auf eine der Hybridanleihen ausgewichen. Diese werden in der Bilanz als Eigenkapital ausgewiesen, da sie nachrangig sind und eine endlose Laufzeit haben, bieten aber dennoch eine relativ feste Verzinsung.
Anleihe Konditionen
Die Anleihe hat nur gegenüber dem Eigenkapital Vorrang, ist gleichrangig mit den anderen Hybridanleihen und ist gegenüber allen anderen Verbindlichkeiten nachrangig.
Die Laufzeit ist grundsätzlich endlos. VW kann die Anleihe erstmalig (mit ein paar Ausnahmen) am 04.09.2023 kündigen und zum Nominalwert zurückzahlen. Nach diesem Termin ist eine jährliche Kündigung möglich.
Bis zur ersten Kündigungsoption beträgt die Verzinsung 5,125%. Nach dieser festen Laufzeit, die ursprünglich 10-Jahre betrug, wird die Verzinsung neu festgelegt. Sie wird jeweils im Jahr 2023 und 2033 durch den dann jeweils gültigen 10-Jahres Swap Satz zzgl. einer Marge von 3,35%-Punkten ermittelt. Ab 2043 würde die Verzinsung auf 10-Jahre Swap Satz zzgl. einer Marge von 4,1%-Punkten steigen.
VW kann die Zinszahlungen auf die Hybridanleihe auf unbestimmte Zeit verschieben. Die verschobenen Zinszahlungen müssen zwar später nachgeholt werden, aber verzinst werden die Zinsansprüche in dieser Zeit nicht. Eine Verpflichtung zur Zahlung der aufgeschobenen Zinsen besteht unter anderem dann, wenn das Unternehmen an seine Aktionäre Dividenden zahlt, es sei denn VW ist zu dieser Zahlung verpflichtet. Die fehlende Verzinsung aufgeschobener Zinsen bedeutet einen unangenehmen Anreiz für VW die Zinszahlungen sofort einzustellen, sollten die Dividenden einmal ausgesetzt werden müssen.
Bonität
Zum 30.06.2015 also ohne Rückstellungen für den Abgasskandal wies die Bilanz von VW ein Eigenkapital ohne Hybridanleihen von rund EUR 96 Mrd. aus. Das entspricht einer EK Quote von 26%. Auch wenn es hier nicht so sehr um den Substanzwert geht, sondern um die Überlebensfähigkeit, habe ich dennoch wie üblich die immateriellen Wirtschaftsgüter, hauptsächlich Goodwill, rausgerechnet. Dadurch sinkt die EK Quote ohne Hybridanleihen leider auf nicht mehr so schöne 10% oder rund EUR 36 Mrd. Selbst in Anbetracht der Milliarden Summen, die der Skandal kosten wird, ist das in meinen Augen aber immer noch ein komfortabler Puffer.
Für die Überlebensfähigkeit in einer Krise ist nicht nur wichtig wie viel Eigenkapital ein Unternehmen hat, sondern ganz besonders auch wie liquide das Unternehmen ist. Auch hier ist VW sehr gut aufgestellt. Wertpapiere und Guthaben bei Banken beliefen sich zum 30.06.2015 auf rund EUR 33 Mrd.
Der designierte Aufsichtsratschef und Ex-Finanzvorstand Pötsch soll laut Presseberichten (z.B. http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/Designierter-Aufsichtsratschef-sieht-wohl-VW-in-Existenz-bedroht-4543808) durchaus eine existenzbedrohende Krise sehen. Vielleicht bin ich naiv und kann den Schaden nicht richtig überblicken, aber mir fehlt dafür der rechte Glaube. Die Erfahrungen wie bei BP haben gezeigt, dass sich solche Krisen cash-flow mäßig über einige Jahre strecken und so leichter bewältigt werden können. VW sitzt hingegen heute schon auf so viel Liquidität, dass der Schaden sofort geschultert werden könnte. Anders sieht es natürlich mit den ambitionierten Investitionsplänen aus, um der größte Autobauer der Welt zu werden. Deshalb konzentriere ich mich auf die Hybridanleihe, da ist das Überleben das A und O und nicht die darüber hinausgehende Bewertung der Zukunftsaussichten.
Rendite
Die laufende Verzinsung bis 2023 bezogen auf den aktuellen Kurs beträgt rund 5,6% p.a. Die Verzinsung danach ist ungewiss, da man nicht wissen kann, wo die Swap Sätze dann sein werden. Ich gehe aber davon aus, dass die Verzinsung nicht niedriger sein wird als heute. Unterstellt man stattdessen für das Jahr 2023 eine Kündigung durch VW und die entsprechende Rückführung zu 100% ergibt seine eine Rendite von 6,6% p.a.
Die Verzinsung der Anleihe ist für mich damit am unteren Ende meiner langfristigen Zielrendite, aber da es sich eben um eine Anleihe und nicht um eine Aktie handelt, ist die Rendite für mich persönlich durchaus attraktiv. Eine wesentlich höhere Rendite würde sich außerdem ergeben, wenn sich der Sturm z.B. in einem Jahr legt und die Anleihe dann wieder bei 100% notiert. Verkauft man die Anleihe in einem Jahr zu 100% ergäbe sich eine Rendite von rund 15%.
FAZIT
Ich bin schon zweimal mit Unternehmensanleihen kriselnder Unternehmen gut gefahren (BP nach Deepwater Horizon und Nokia vor dem Teilverkauf an Microsoft). VW scheint mir aktuell eine ähnlich günstige Gelegenheit zu bieten, da die Nachrichten katastrophal sind und viele Investoren momentan Unsicherheit per se meiden. Natürlich könnte der Konzern fatal ins straucheln geraten, wenn zu den Belastungen aus dem Abgasskandal z.B. plötzlich noch eine eskalierenden Krise in China oder ähnliches kommen sollte. Andererseits hat BP gezeigt, dass Milliarden schwere Zahlungen über einige Jahre gestreckt werden, einfach weil solche Prozesse Jahre dauern. Andere massive Rückrufe wie z.B. die Zündschlösser von GM, bei denen sogar Menschen ums Leben gekommen sind, haben gezeigt, dass die Konsumenten schnell vergessen und meiner Meinung nach höchstens kurzfristig weniger VWs kaufen werden, als sie es vorher getan haben. Insofern sehe ich das Risiko, dass das gesamte Eigenkapital von VW verschwindet und die Hybridanleihen in die Haftung geraten als überschaubar an. Ich habe deshalb gerade eine erste größere Position geordert und wäre geneigt nachzukaufen, wenn die Kurse weiter sinken, weil die Stimmung schlecht bleibt, ohne dass sich wirklich existenzbedrohendes abzeichnet.
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