Aktienkurs: 23,70 USD (Erstnotierung)
aktueller Kurs: 21,57 USD
Hier geht es heute nicht um eine meiner Investmentideen, wobei Valaris auf dem aktuellen Niveau nach der Restrukturierung vielleicht sogar eine sein könnte. Stattdessen geht es mir um einen kurzen Erfahrungsbericht der mittlerweile abgeschlossenen Restrukturierung.
In meinen Weihnachtsgrüßen habe ich letztes Jahr unter anderem folgendes geschrieben:
„Ich setze die Valaris Anleihen momentan für mich mit Null an und gehe davon aus, irgendwann nächstes Jahr statt den Anleihen neue Aktien zu bekommen. Ich hoffe nur, dass wenigstens das so sein wird und nicht auch noch eine massiv verwässernde Kapitalerhöhung unter Ausschluss der Bezugsrechte kommt oder irgendwas anderes perfides in der Art.“
Meiner Befürchtungen sind zwar nicht genau 1:1 eingetreten, aber vom Effekt ist etwas ähnliches passiert.
Die Restrukturierung und ihre Umsetzung
Im Gegensatz zu vielen, selbst professionellen, Investoren lese ich die Bedingungen von Anleihen und preferred shares bevor ich sie kaufe. Mir war dabei bewusst, dass meine Volumina zu klein sind, um meine Rechte gerichtlich durchzusetzen. Ich vermutete aber, dass es professionelle Anleger geben wird, die das Maximum aus der jeweiligen Verhandlungsposition herausholen werden. Weiterhin ging ich davon aus, dass das Unternehmen dann alle Inhaber der gleichen Wertpapiere gleich behandeln muss.
Nun ja, in der Theorie kann man das wohl auch weiter behaupten, aber bei Valaris habe ich auf die teure Art gelernt, dass manche Investoren gleicher sind als andere.
Grundsätzlich sind natürlich alle Inhaber einer bestimmten Anleihe gleich behandelt worden. Es fanden sogar gewisse Verhandlungen statt, so dass die unterschiedlichen Laufzeiten unterschiedlich in Aktien getauscht wurden.
Allerdings wurden im Rahmen der Restrukturierung auch neue, auf den ersten Blick attraktive Anleihen begeben und für Zeichner der neuen Anleihe gab es noch mal Aktien obendrauf. Mein Beitrag im Dezember deutete ja schon an, dass ich fürchtete, dass die attraktiven Deals bei einer Kapitalerhöhung gemacht werden könnten. Deshalb war ich bereit im Rahmen meiner Quote das Risiko einzugehen noch mal gutes Geld schlechtem hinterher zu werfen.
Meine theoretische Möglichkeit neues Kapital zu investieren betrug dabei allerdings weniger als 10% der ursprünglich investierten Summe. Ich habe es nicht exakt nachgerechnet, aber meiner Eindruck ist, dass ein Großteil bereits vorab platziert wurde und für alle anderen nicht zur Verfügung stand.
Trotz des nur noch vierstelligen Betrags wollte ich auch investieren, um eine amerikanische Restrukturierung mal bis zum Schluss begleitet zu haben. Dafür musste ich mehrere amerikanische Formulare ausfüllen und zwar für jede Anleihe einzeln und jeweils in mehreren Ausführungen. Am Ende waren es mehr als 100 Seiten, die ich im Original zu meiner Bank schaffen musste. Das alles unter hohem Zeitdruck, weil zwar die Frist ursprünglich Wochen lang war, aber zwischen mir und dem Unternehmen befinden sich in der Verwahrung und Verwaltung so viele Stufen, dass mir am Ende nur wenige Tage blieben.
Und was hat mir dieser Aufwand gebracht? Nichts!
Ich weiß bis heute nicht mal sicher welche Stelle, die von mir ausgefüllten Formulare als fehlerhaft abgewiesen hat, aber auf jeden Fall war das das Ergebnis meiner Bemühungen. Diese Meldung kam natürlich nach dem sämtliche Fristen abgelaufen waren und natürlich erfolgte auch kein Hinweis, was eigentlich falsch gewesen sein soll.
Im professionellen Leben hätte ich den Vorgang spätestens jetzt an die Rechtsabteilung gegeben, wahrscheinlich wären die Anwälte von Anfang an eingebunden gewesen. Als Privatmann, lohnt sich der Aufwand nicht. Das weiß jeder, der mal über den Atlantik einen Rechtsstreit geführt hat.
Letztlich bin ich also mit einer paar neuen Aktien abgespeist worden und kann mich freuen, wenn ich mit diesen meinen Verlust noch etwas reduzieren kann. Massiv wird er wohl so oder so bleiben.
FAZIT
Ich bin nach dieser Erfahrung insgesamt skeptischer geworden, was Investments in High Yield Anleihen oder überhaupt Distressed Assets angeht. Ich habe mir dabei immer gerne Gedanken über die Substanz im Falle einer Insolvenz gemacht und jetzt schmerzlich gelernt, dass man als kleiner Investor nicht zwangsläufig proportional an dieser Substanz partizipiert. Gerade Unternehmen mit irgendeinem US Bezug bzw. deren Management werden versuchen nicht abzuwickeln, sondern mit neuem Kapital weiterzumachen. Um dieses zu beschaffen, wird man neue, große Investoren wo es geht bevorzugen.
Wenn ich noch mal in Anleihen investiere, nehme ich mir auf jeden Fall vor, lieber begrenzte Verluste zu realisieren als noch mal zu denken, dass der Kurs schon niedriger ist als die anteilige Substanz, die mir zusteht.
Danke für den Erfahrungsbericht!
Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Mit Valuta Februar ist jetzt im Juni meine Zeichnung der Anleihen im Rahmen der Restrukturierung doch noch ausgeführt worden. Abgelehnt wurde mithin scheinbar nur meine Abstimmung im Rahmen der Restrukturierung. Mit der Zeichnung der Anleihe sollten nach meinem Verständnis auch noch weitere Aktien verbunden sein. Ich bin mal gespannt, ob die mir auch noch ins Depot gebucht werden.
So, gut einen Monat später sind jetzt tatsächlich auch noch die zusätzlichen Aktien in mein Depot gebucht worden. Da hat sich der ganze Aufwand potentiell doch noch gelohnt. Immerhin habe ich jetzt fast 50 mehr Aktien im Depot und das für ein zusätzliches Investment von ungefähr 5% der ursprünglichen Summe.
Nur bezogen auf die kleine zusätzliche Summe hat es sich, sogar wie erwartet, sehr gut gelohnt. Die zusätzlichen Aktien alleine sind aktuell ungefähr ein Viertel mehr Wert als ich in die neuen Anleihen investiert habe. Insgesamt hat sich der kleine Einsatz also wertmäßig mehr als verdoppelt.
Mein Zwischenfazit: Vorzugweise sollte man recht- und frühzeitg die Reißleine ziehen. Falls man doch in eine Restrukturierung gerät, lohnt es sich, sich durch die Dokumente zu kämpfen, um den Schaden wenigstens zu begrenzen. An die dritte Möglichkeit, Anleihen für wenige Cent auf den Dollar zu kaufen, um gezielt an einer Restrukturierung zu partizipieren, sollte man sich nur heranwagen, wenn sich sehr gut auskennt. Für die meisten Privatanleger dürfte das nichts sein.