Buch: Anlagechancen 2020 – Anlegen im Japan-Modus

von Ralf Vielhaber, Stefan Zimmermann (Hrsg.)

Letztes Jahr habe ich das erste Mal das jährliche Anlage-Buch aus dem Fuchsbriefe Verlag vorgestellt. Den Untertitel „Anlegen im Japan Modus“ der Ausgabe 2020 fand ich vielversprechend, denn in Japan gibt es ja schon viel längere minimale Zinsen. Auch wenn ich wusste, dass die Autoren vom Fuchsbriefe Team auch nicht zaubern können und die externen Autoren teilweise mehr oder weniger Advertorials schreiben, war ich doch gespannt, ob ich meinen Anlagehorizont erweitern kann und bin tatsächlich auf ein paar Ideen gestoßen, denen ich zumindest mal nachgehen will.

Anlagechancen 2020

Das Buch ist dieses Jahr in 5 Teile gegliedert:

1) Thesen, Trends und Portfolio

Teil 1 ist im Prinzip eine kurze Einleitung. Er enthält Informationen zum aktuellen Stand der Weltwirtschaft, einen Rückblick auf die Prognosen im letztjährigen Buch, einen Überblick über wichtige aktuelle Trends und Erwartungen für wichtige wirtschaftliche Parameter (Zinsen, Währungskurse, Wachstum etc.) für 2020.

2) Anlegen im Japan Modus

Im zweiten Teil befinden sich insgesamt 8 verschiedene kurze Kapitel. Auch wenn jedes etwas anders ist, weil es von unterschiedlichen Autoren stammt, ist die Grundnachricht doch in allen fast gleich. Steigende Zinsen sind nicht absehbar und es ist auch nicht absehbar wie die Notenbanken es mal schaffen sollen, sie wieder nachhaltig zu erhöhen ohne die Wirtschaft auszubremsen und viele Staatshaushalte in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. Die Quintessenz lautet zum einen, dass man weiterhin auf sinkende Zinsen setzen kann, vor allem lautet sie aber, dass Aktien weitgehend alternativlos sind, wenn man noch eine positive Rendite erzielen möchte. Ein Autor vermutet sogar, dass neben der japanischen und der schweizerischen Notenbanken bald auch die EZB beginnen könnte nicht nur Anleihen sondern auch Aktien zu kaufen.

3) Anlagechancen 2020

Nachdem sich die beiden ersten Teile eher auf der volkswirtschaftlichen Ebene bewegen, wird es im dritten Teil wesentlich konkreter. Tobias Knoblich von der Hypo Vorarlberg trägt zum Beispiel auf jeweils einer Seite zu 13 Branchen Einschätzungen von Automobil bis Transport / Logistik bei. Ich konzentriere mich ja bekanntlich auf relativ wenige mir bekannte Branchen und fand dieses Kapital deshalb durchaus interessant. Auch wenn es auf einer Seite pro Branche zwangsläufig nur oberflächlich sein kann, bekommt man doch mal eine groben Überblick über den eigenen Tellerrand hinaus.

Noch konkreter wird es dann im folgenden Kapitel in dem die Fuchs Redaktion 10 konkrete Unternehmen vorstellt, die interessante Investments darstellen könnten. Auch diese Unternehmensprofile haben jeweils wieder eine Seite und können deshalb nur ein Anstoß sein mit eigenen Recherchen zu beginnen. Von den 10 Unternehmen ist bei mir Volkswagen mal wieder auf der Watchlist für eine nähere Betrachtung gelandet. Ich habe zwar seit in paar Jahren eine Nachranganleihe im Portfolio und überfliege auch die Quartalsberichte, trotzdem war mir nicht bewusst, dass die Vorzüge nur mit einem KGV von 6,3 gehandelt werden (im September als der Redaktionsschluss für das Buch war sogar nur 5). Ich halte die Gefahr, dass die niedrigen Kurse bei den Autoherstellern Bullenfallen sind für relativ groß, aber trotzdem will ich mir bei Gelegenheit mal Gedanken machen, wie viel Pessimismus im Kurs schon enthalten ist.

Durch die Bank niedrig sind scheinbar die Bewertungen in Russland, wie ein weiterer Autor argumentiert. Seiner Ansicht nach sind die politischen Risiken überbewertet bzw. ausreichend eingepreist. Ich sehe da für mich allerdings trotzdem keine Möglichkeit mir eine ernsthafte Meinung zu bilden und werde mich trotzdem aus dem russischen Aktienmarkt raus halten. Was ich mir allerdings mal anschauen will, sind die Renditen die man von bekannten russischen Konzernen in Euro oder USD bekommt, wenn die Anleihen UK oder US Recht unterliegen. Vielleicht ist hier noch etwas mehr zu holen, weil sich so viele aus Russland fernhalten.

Nach dem das Thema Emerging Markets schon viele Jahr diskutiert wird, hat das Buch dieses Jahr ein Kapital zu Thema Frontier Markets. Das sind die Länder, die den Emerging Markets wie China, Brasilien und Indien in der nächsten Welle nachfolgen sollen. Zu den Frontier Markets zählt man wohl z.B. Kenia, Nigeria und Vietnam. Wenn die Basis noch relativ niedrig ist, kann die prozentuale Entwicklung natürlich leichter beeindruckend ausfallen, aber trotzdem ist das für mich nichts, denn mir fehlt das Interesse mich ausreichend in die politische und wirtschaftliche Situation dieser Ländern einzuarbeiten. Mit pauschalen, passiven Investments auf Basis einer gut klingenden Story habe ich keine guten Erfahrungen gemacht. Da werde ich dann im Zweifel zum falschen Zeitpunkt schwach und verkaufe wieder.

Auf meine to-do Liste geschafft haben es hingegen Wandelanleihen, die in einem weitere Kapitel behandelt werden. Der Charme von Wandelanleihen ist, dass sie, die Solvenz des Unternehmens vorausgesetzt, einerseits eine sichere Rückzahlung und andererseits eine gewisse Partizipation an der Entwicklung des Aktienkurses bieten. Für die Option die Anleihe in Aktien zu wandeln „zahlt“ man mit einer niedrigeren laufenden Verzinsung. Für mich wäre das bei Unternehmen interessant, deren Aktien ich für in etwa fair bewertet halte. Ohne Margin of safety möchte ich nicht kaufen, trotzdem kann es bei normaler Unternehmensentwicklung auch zu weiter steigenden Kursen kommen. Allerdings hätte ich im Falle, dass eine Wandlung keinen Sinn macht, gerne auch mein Geld zurück. Ich habe schon mal grob zwei Wandelanleihen von der Deutsche Wohnen und von der LEG Immobilien angeschaut und deren mittelfristige reine Anleihe Rendite liegt schon im negativen Bereich. Wenn ich also einen relativ starken Aktienkursanstieg brauche um auf eine positive Rendite zu kommen, kann ich mich da auch anders engagieren. Die Grundidee finde ich aber trotzdem gut, vielleicht werde ich mal bei einem anderen Unternehmen fündig.

Umso weiter der dritte Teil geht, um so spezieller werden die Themen. Dazu gehören grüne Geldanlage, indirekte Immobilieninvestments, Private Equity, Gold usw. Diese Kapitel fand ich überwiegend nicht so spannend. Sie lesen sich eher wie versteckte Werbung und teilweise fast schon skurril wie das Kapitel über Osmium.

4) Ihr Vermögen

Teil 4 ist wieder etwas allgemeiner und ich will hier auch nicht mehr oder weniger jedes Kapitel ansprechen oder zusammenfassen. Besonders fand ich aber das Kapitel „Drei Fakten für Anleger – Was nicht zu diskutieren ist“. Denn darin gibt es aussagen, die ich durchaus diskutieren möchte und zwar folgendes Zitat:

„Denn in den Wertpapierkursen sind alle verfügbaren Informationen sofort im Preis berücksichtigt. Dies hat die Wissenschaft ausführlich erforscht. Für diese Erkenntnis gab es sogar einen Nobelpreis. Nur echte Unternehmensinsider können systematische Vorteile generieren, doch denen ist es aus guten Gründen verboten.“

Das mit dem Nobelpreis stimmt natürlich. Den gab es für die Markteffizienzhypothese 2013 tatsächlich. Was der Autor allerdings verschweigt, ist die Tatsache, dass im selben Jahr unter anderem Robert J. Shiller ebenfalls zu seiner Forschung zur Effizienz der Kapitalmärkte den geteilten Nobelpreis bekommen hat und der bezeichnete diese These laut Wikipedia schon 1981 als eindeutig, empirisch bewiesen falsch. In ruhigen Zeiten ist natürlich was dran, dass sich Kurse nicht zufällig ergeben. Es ist auch was dran, dass eine eigene fundierte Meinung zu haben kein leichtes Geschäft ist und die meisten Privatanleger, das besser einem aktiven Profi oder einem breitem Index überlassen. Trotzdem habe ich gestaunt, dass die reine Lehre der Effizienzhypothese heute noch immer angeführt wird. Fairerweise muss ich betonen, dass in dem Kapitel noch mehr steht als nur der Abschnitt über Markteffizienz, trotzdem käme für mich ein Vermögensverwalter mit so einer Argumentation nicht in Frage.

5) Perspektiven über das Jahr hinaus

Anders als der Titel des fünften Teils vielleicht nahe legt, geht es hier nicht um mittelfristige konkrete Prognosen. Die wären auch aus meiner Sicht sowieso nicht belastbar. Klasse fand ich hingegen mal wieder die Fragestellung, ob man sein Portfolio in unsicheren Zeiten nicht absichern könnte und sollte. Leider kommen einige Backtesting Szenarien nur zu dem gleichen Ergebnis wie ich bisher auch. Optionen sind auf die Dauer zu teuer und Stop-Loss Kurse sind extrem schwierig mit der richtigen Absicherungshöhe zu nutzen. Außerdem habe ich auch schon erlebt, dass einen dann die Hochfrequenz-Händler über den Tisch ziehen, also Stop-Loss Verkauf zum deutlich schlechtesten Kurs des Tages bevor es direkt wieder nach oben dreht.

Die pragmatische Empfehlung das Portfolio stattdessen durch eine Mischung von Aktien, Anleihen und Cash abzusichern, leuchtet mir hingegen als praktikabel sein.

FAZIT

Anlagechancen 2020 zeigt wieder, dass auch diverse Experten nicht über den Stein der Weisen der Geldanlage verfügen. Trotzdem fand ich es kurzweilig zu lesen und habe ein paar Anregungen gefunden, den ich selber mal nachgehen will. Wenn man, wie ich, dann auch einige Kapitel nicht überzeugend findet, kann man sie ja schnell überblättern. Da ist es dann Vorteil, dass man jedes Kapitel für sich alleine lesen kann. Wenn man das Buch von vorne bis hinten liest, sind die tendenziell immer gleichen Einführungen zur aktuellen Lage etwas ermüdend.

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